Wohnpolitik: Linkes Vorpreschen in Berlin
Die Aktienkurse einiger grosser deutscher Immobilienfirmen brachen zum Wochenbeginn um mehrere Prozentpunkte ein. Der Grund: Am Samstag war ein Schreiben der Berliner Senatsverwaltung an die Öffentlichkeit gelangt, das Details zum geplanten «Mietendeckel» in der rot-rot-grün regierten Hauptstadt enthält. Eckpunkte davon waren bereits bekannt, jetzt liegen erstmals Zahlen vor – und diese versprechen selbst für MieterInnenverbände überraschend deutliche Eingriffe in den überhitzten Berliner Wohnungsmarkt.
Der Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, Katrin Lompscher (Die Linke), scheint es ernst zu sein. Die Obergrenze für Mietpreise soll, mit einzelnen Ausnahmen, bei monatlich 7,97 Euro pro Quadratmeter liegen. Darüber liegende Mietpreise sollen per Verfügung gesenkt und nicht bloss während fünf Jahren eingefroren werden können, wie im Vorfeld diskutiert worden war. Erwartbar alarmistisch und schrill fielen die Reaktionen aus der Immobilienwirtschaft aus, inklusive der Ankündigung, mit allen verfügbaren rechtlichen Mitteln gegen das Gesetz vorzugehen. Die Branche fürchtet um grosse Profite: Allein 2018 waren die Berliner Mietpreise um durchschnittlich dreizehn Prozent gestiegen.
Schon lange wird in der Stadt für bezahlbare Mieten und gegen die Gentrifizierung gekämpft. Eine Initiative, gemäss der grosse Immobilienfirmen vergesellschaftet werden sollen, wurde im Juni von 77 000 Personen unterschrieben. Senatorin Lompscher trägt mit ihrer Vorlage also dem Druck aus der Bevölkerung Rechnung – womit sie die Berliner Regierungskoalition jedoch vor eine Zerreissprobe stellt. Allein der Umstand, dass das Schreiben der Senatsverwaltung geleakt wurde, spricht für den Unmut bei den Koalitionspartnern SPD und Grüne. Zudem ist umstritten, wer im komplexen Wohnungsmarkt letztlich tatsächlich von einem entsprechenden Gesetz profitieren würde. Noch bleibt allerdings Zeit für Dialog: Das neue Gesetz soll bis Mitte Oktober vorliegen, um vom Abgeordnetenhaus rechtzeitig verabschiedet werden und zum Jahresbeginn in Kraft treten zu können.