Pop: Pointen für die VerliererInnen

Nr. 10 –

Nichts mehr zu gewinnen für diesen Schlagzeuger. Hilflos trommelt er der Drum Machine hinterher und sieht auch noch so doof aus dabei, weil der Clip nicht mit dem Song übereinstimmt und flackert, als wäre das analoge Band beschädigt. Es ist Dominik Kesseli, unter anderem Schlagzeuger bei Stahlberger, der für die St. Galler Band Dachs hier den Verlierer spielt. Doch der Song zum Video, «Si Händ Dä Schlagzüger Us Dä Band Grüert», hält sich gar nicht erst mit der Melancholie seines Protagonisten auf; den Refrain trällert Sänger Basil Kehl im für ihn typischen ekstatischen Falsett.

Gespielt von einem Synthiepop-Duo, wo der Beat aus der Maschine kommt, ist dieser Song über einen entledigten Schlagzeuger auch selbstironisch gemeint. Auf dem neuen Album «Zu Jeder Stund En Vogelgsang» bringen Dachs dieses Motiv sogar noch expliziter: «S’isch alles nur e Lüg gsi, säb mit äm Rock ’n’ Roll, äm Batzä und dä Büsis», heisst es in «S’Isch Alles Nur E Lüg Gsi». Im Grunde singen Dachs ihren Pop immer gegen alte Helden an, oder sie besingen ihre eigenen. Wie in «Beat Breu», der ersten Single des Albums, ohne Übertreibung einer der besten Schweizer Popsongs der Gegenwart.

Die Musik von Dachs funktioniert am besten als Zuspitzung, wenn Sprachwitz und euphorische Melodien sich zu Popsongs verbinden, in denen die Cleverness der Einfachheit nicht im Weg steht. Etwas weniger gut gelingt das im Titelsong, wo die Metaphoriken von Freundeskreis, Mengenlehre und Kuckucksuhr um ein paar Ecken zu viel gedreht sind. Machen Dachs also Comedy, eine Musik, die von Pointen lebt? So einfach ist es dann doch nicht. «Mandala» zum Beispiel handelt von einem Beschäftigungsprogramm am Lebensende und ist deutlich näher an der Traurigkeit gebaut als die knalligeren Songs des Albums. Die esoterische Stimmung, die hier von glockenartigen Tönchen ausgeht, ist schon fast unheimlich.

Live: St. Gallen, Palace, 6. März 2020; Winterthur, Albani, 12. März 2020.

Dachs: Zu Jeder Stund En Vogelgsang. Mouthwatering Records. 2020