Klimastreik: Eine Superallianz für den Wandel
Die Schulen sind geschlossen, die Flugzeuge am Boden, der Ölpreis ebenso. ZynikerInnen könnten bemerken, dass der Klimastreik seine Ziele erreicht hat. Dem ist natürlich nicht so, denn die Auswirkungen werden nicht von langer Dauer sein.
Während sich die Luftqualität in vielen Ländern verbessert, hat sich an unserer Art des Wirtschaftens nichts geändert. Wollen wir, dass die Gesundheit der Menschen auch in Zukunft nicht von Luftverschmutzung belastet wird, müssen wir nun einen radikalen gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Wandel einleiten.
Mit dem Strike for Future, der ursprünglich auf den 15. Mai geplant war, versuchte der Klimastreik, die Grundlagen für diesen Wandel zu legen. Im Zusammenhang mit diesem Tag schufen wir eine breite Allianz aus Gewerkschaften, dem Frauenstreik, LandwirtInnen und weiteren Organisationen. Über die letzten Monate hinweg versuchten wir, die verschiedenen sozialen Bewegungen zusammenzubringen, um eine langfristig koordinierte Klimabewegung aufzubauen. Gleichzeitig lancierten wir die Idee der lokalen Klimagruppen und der Klimaversammlungen. Unser Ziel war es, langfristige und nachhaltige Strukturen zu schaffen.
Der Ausbruch von Covid-19 hat unseren Plänen einen fetten Strich durch die Rechnung gemacht. Am 15. Mai findet als Alternative die #ChallengeForFuture statt. Verschiedenste Aktionen zeigen auf, wie alle von zu Hause aus auch während der Coronakrise politischen Druck ausüben und konkrete Veränderungen im Kleinen herbeiführen können.
Trotz Pandemie macht die weitere Beschleunigung der Klimakrise nicht halt. Die Schweiz erlebt den trockensten April seit Messbeginn. Dürren und Heuschreckenplagen in verschiedenen Gegenden Afrikas führen zu Nahrungsknappheit, und im Westen der Vereinigten Staaten beginnt die Waldbrandsaison. Gleichzeitig verschlechtert sich die wirtschaftliche Situation vieler ArbeiterInnen. Die Not treibt sie in prekäre Arbeitsverhältnisse in Amazon-Warenhäusern oder auf Spargelfeldern. In den Flüchtlingslagern auf Moria droht eine weitere humanitäre Katastrophe, falls sich das Virus in den Lagern ausbreitet. Viele Menschen sind von mehreren Krisen betroffen. In einer immer wärmeren Welt wird dies der Normalzustand sein.
Im letzten Jahr gingen Millionen Menschen aller Kontinente auf die Strasse, sie blockierten ganze Städte und stürzten Diktatoren. Sie zeigen, dass eine gerechtere Welt möglich ist, dass es einen Ausweg aus der Ausbeutung von Mensch, Tier und Umwelt gibt. Im Kampf gegen schlechte Arbeitsbedingungen, das Patriarchat und andere Ungleichheiten fügt die Klimakrise eine wichtige Komponente hinzu: die Zeit.
Wenn es uns in den nächsten Jahren nicht gelingt, eine neue und zukunftsfähige Gesellschaftsstruktur zu schaffen, sind diese Kämpfe für immer verloren. Aus diesem Grund müssen Frauenstreik, Klimastreik, die Gewerkschaften, andere soziale Bewegungen und Organisationen noch viel stärker zusammenwachsen, und wir müssen uns auf lokaler Ebene organisieren, um auf Krisen reagieren zu können.
Bestehende Ungleichheiten werden grösser, Ölkonzerne werden gerettet und Umweltgesetze ausser Kraft gesetzt, während Menschen wegen fehlender Krankenversicherung sterben. Die Antwort auf die Coronakrise könnte völlig anders ausfallen. Die Weichen werden mit milliardenschweren Rettungspaketen neu gestellt, darum müssen wir jetzt den sozialen und ökologischen Wandel einleiten. In den kommenden Wochen wird der Klimastreik in Zusammenarbeit mit WissenschaftlerInnen einen Aktionsplan vorlegen, der aufzeigt, dass wir eine nachhaltige Wirtschaft durch Investitionen in klimafreundliche Projekte aufbauen müssen.
Zurzeit können wir nicht zu Zehntausenden auf die Strasse gehen. Trotzdem ist es wichtiger denn je, sich zu vereinen, zu organisieren und für eine lebenswerte Zukunft einzustehen. Auf einen kämpferischen 1. Mai!
* Lena Bühler und Jonas Kampus, aus Bern und Zürich, sind aktiv im Klimastreik.