Terrorbekämpfung: Der gefährliche Begriff «Gefährder»

Nr. 21 –

Die Kritik kam von höchster Stelle: Vor zwei Wochen flatterte den Mitgliedern der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats (SiK-N) ein Brief aus Strassburg ins Haus. Geschrieben hat ihn Dunja Mijatovic, die Menschenrechtsbeauftragte des Europarats. Auf zwei Seiten nimmt sie detailliert eine Vorlage auseinander, die die SiK-N diesen Montag beriet.

Im Frühjahr hatte der Ständerat zwei Geschäfte gutgeheissen, die Teil der bundesrätlichen Antiterrorstrategie sind: das Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT), das präventive Mittel gegen «terroristische Gefährder» vorsieht, sowie eine Verschärfung des Strafrechts. In der Sommersession ist nun der Nationalrat dran.

Konkret stört sich Mijatovic an den Präventivmassnahmen: Sie seien «unpräzise» und «willkürlich». In ihrem Brief mahnt sie mehrere Punkte an, die auch Menschenrechtsorganisationen schon lange kritisieren. Nicht nur sei der schwammige «Gefährder»-Begriff an sich problematisch; auch der geplante präventive Hausarrest sei nicht mit den Menschenrechten vereinbar. Zu diesem Schluss war auch schon ein Gutachten gekommen, das der Bund selbst in Auftrag gegeben hatte: Man könne eine Person nicht bloss aufgrund eines vagen Verdachts einsperren, wie es die Vorlage vorsieht, heisst es darin.

Die Mehrheit der SiK-N aus SVP, FDP und Mittefraktion hat sich von den grundrechtlichen Fragezeichen nicht beeindrucken lassen. Nicht nur stimmte sie mit 15 zu 10 Stimmen für die Vorlage, sie verschärfte sie noch massgeblich: Neu soll sogar Präventivhaft möglich sein – eine Massnahme, die der Bundesrat gestrichen hatte.

Dass die Kommission alle Bedenken in den Wind schlägt, ist eine Bankrotterklärung. Stossend ist vor allem, dass sie in der Terrorbekämpfung die Grundrechte für derart vernachlässigbar hält. Mit einer Annahme der Vorlage würde die Unschuldsvermutung grundsätzlich infrage gestellt, «Gefährder» müssten beweisen, dass sie nicht «gefährlich» sind, was praktisch unmöglich ist. Eines Rechtsstaates wie der Schweiz wäre dies unwürdig.