Steuerpolitik: Staatlich verordnete Begünstigung

Nr. 27 –

Was das Parlament vorletzte Woche weitgehend unbeachtet beschlossen hat, erfüllt fast den Tatbestand der Begünstigung: Firmen, die im Ausland strafbarer Handlungen überführt werden, können künftig die verhängten Strafen von ihren Steuern abziehen, die sie in der Schweiz bezahlen müssen. SVP, FDP und grossmehrheitlich die Mittefraktion drückten das neue Gesetz gegen den Willen der Ratslinken, der Grünliberalen und des Bundesrats durch.

Davon profitieren soll – und das wird nicht einmal kaschiert – zunächst die UBS, die in Frankreich in erster Instanz zu einer Strafe über 4,3 Milliarden Euro wegen Beihilfe zum Steuerbetrug und Geldwäscherei verurteilt worden ist. Es ist freilich nicht die erste Sanktion gegen die Grossbank, die in den letzten Jahren rund um den Globus wegen illegaler Praktiken zur Kasse gebeten wurde. Delinquiert die Bank in Zukunft weiter, kann sie das – dem Parlament sei Dank – ohne finanzielles Risiko tun.

Zwar haben die ParlamentarierInnen zwei Hürden eingebaut, wovon eine übersprungen werden muss, um den Steuerrabatt zu erhalten. Aber die sind derart schwammig gestaltet, dass die Rechtsabteilungen der betroffenen Konzerne darüber laut lachen dürften. Abzugsfähig sind die Strafen demnach nur, wenn sie entweder gegen den Schweizer Ordre public, also grundsätzliches Recht, verstossen oder wenn die Firma darlegen kann, sie habe «alles Zumutbare unternommen, um sich rechtskonform zu verhalten». Eine leichte Übung für hoch spezialisierte FirmenanwältInnen, wenn sie auf kantonale SteuerbeamtInnen ohne Expertise in internationalem Recht treffen.

Das neue Gesetz ist ein Angriff auf jedes rudimentäre Gerechtigkeitsempfinden. Es ist ein Betrug an der Bevölkerung, die künftig den Preis für fehlende Steuereinnahmen bezahlt. Es ist auch ein deutlicher Hinweis auf ein verkümmertes politisches Schamgefühl.

SP und Grüne zögern noch mit dem Referendum. Sie sollten es ergreifen. Es ist an der Zeit, die gutschweizerische Kumpanei zwischen Konzernen und bürgerlichen Parteien zur Strecke zu bringen.