Zum Rücktritt von Althaus: Demokratie ohne Wissenschaft

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Bei vielen hat der Rücktritt des Epidemiologen Christian Althaus aus der wissenschaftlichen Corona-Taskforce des Bundes am Wochenende Bedauern ausgelöst – bei anderen aber auch Kritik: Die Aufgabe der Wissenschaft sei es, die PolitikerInnen in der Pandemie zu beraten, am Ende müssten in einer Demokratie aber immer noch die gewählten Behörden entscheiden, so der Einwand.

Althaus hatte seinen Schritt mit der Aussage begründet, dass die Politik endlich lernen müsse, der Wissenschaft «auf Augenhöhe zu begegnen». Der Epidemiologe der Uni Bern fordert seit Monaten konsequentere Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie.

Es stimmt, dass in einer Demokratie der letzte Entscheid bei den StimmbürgerInnen oder den gewählten Behörden liegen muss. Das Problem ist allerdings, dass unter anderem dem Bundesrat bisher der Mut fehlte, zu seinen Entscheiden zu stehen. Die Botschaft der Ökonominnen und Epidemiologen ist klar: Entweder beschliesse der Bundesrat strengere Massnahmen und nehme dafür mehr Geld in die Hand, was er sich auch problemlos leisten könne – oder die Schweiz müsse grössere wirtschaftliche Schäden und international gesehen überproportional viele Tote in Kauf nehmen.

Der bürgerlich dominierte Bundesrat hat in den vergangenen Monaten vor allem im Interesse der steuerzahlenden Grosskonzerne offensichtlich Letzteres gewählt. Doch er hatte nie die Courage, das den Leuten auch offen zu sagen.

Stattdessen hat er seine Entscheide mit teils unhaltbaren Behauptungen begründet. Entgegen den Argumenten der Taskforce-ÖkonomInnen sagte etwa SVP-Finanzminister Ueli Maurer im Oktober, dass sich die Schweiz «nicht noch einmal dreissig Milliarden» leisten könne. Argumente: null. Als SVP-Volkswirtschaftsminister Guy Parmelin kurz vor Neujahr vom «Blick» gefragt wurde, warum der Bundesrat so hohe Fallzahlen zugelassen habe, behauptete dieser, dass auch «viele Spezialisten» sie nicht vorausgesehen hätten. Und das, obwohl seit Sommer SpezialistInnen wie Althaus wöchentlich genau davor gewarnt hatten.

Das ist nicht nur mutlos. Der Bundesrat hat damit auch viel Vertrauen verspielt.