Asylpolitik: Offene Zentren statt Halbgefangenschaft

Nr. 24 –

«Wir müssen vom Stacheldraht wegkommen und die Asylzentren öffnen.» Das sagt die Tessiner Nationalrätin Greta Gysin (Grüne). Nachdem im Mai die «Rundschau», RTS und die WOZ gewalttätige Übergriffe durch Sicherheitsbeamte gegen Geflüchtete in den Bundeszentren publik gemacht hatten, leitete das Staatssekretariat für Migration eine externe Untersuchung ein. Auch eine Dokumentation von Amnesty International belegt die Gewalt. Gysin fordert nun, dass die Politik Konsequenzen zieht: «Die Übergriffe sind ein Skandal für die Schweiz. Der Staat, der die Zentren betreibt, steht direkt in der Verantwortung. Er muss handeln, und zwar schnell.»

Die grüne Politikerin hat diese Woche drei Vorstösse eingereicht. Der erste gilt dem Sicherheitspersonal. Der Bund soll Kontrollaufgaben nicht mehr an private Firmen auslagern, sondern zumindest einen Kernbestand an Personal selbst stellen. Dieses soll zudem besser geschult werden. Gysin fordert daneben eine Ombudsstelle für Geflüchtete, auch MitarbeiterInnen sollen Vorfälle anonym melden können. Im zweiten Vorstoss regt sie an, dass unbegleitete Minderjährige nicht mehr länger mit Erwachsenen untergebracht werden. «Derzeit handelt es sich um mehr als 130 unbegleitete Minderjährige. Sie haben besondere Bedürfnisse und Rechte und benötigen eine altersgerechte Betreuung.» Neben der Schaffung eines eigenen Heims könnte man ihnen auch ermöglichen, bei Pflegefamilien zu wohnen.

Im letzten Vorstoss möchte Gysin die Asylzentren öffnen. Sie fordert ein Pilotprojekt, in dem die Halbgefangenschaft aufgehoben wird und die Zivilgesellschaft einen besseren Zugang zu den Zentren erhält. Mit einem Café oder einem Spielplatz könnten Begegnungsorte geschaffen werden. «Ich bin mir sicher, dass in den Zentren so ziemlich schnell eine andere Stimmung entstehen würde.» Die gewalttätigen Vorfälle an verschiedenen Orten hätten gezeigt, dass es sich um ein systematisches Problem handle. «Also müssen wir es auch grundsätzlich angehen und Neues ausprobieren.»