Tipp der Woche: Kopf ab?

Nr. 32 –

Still: Eric Zachanowich, Ascot Elite Entertainment Group

Als Baum kommt er in den Saal geritten, Laub am Kopf und das Gesicht von knorrigen Ästen bewachsen. Vor der königlichen Tafelrunde senkt der mächtige Ritter sein Haupt, da nimmt der junge Sir Gawain (Dev Patel), ritterlich noch nicht sehr beschlagen, die Einladung an und haut dem Fremdling den Kopf ab. Doch wer einen Baum köpft, muss damit rechnen, dass der Baum zu gegebener Zeit zurückschlägt.

Man kann darin eine etwas plakative ökologische Parabel lesen, wie der US-Regisseur David Lowery hier eine mittelenglische Ritterlegende im Kino aufbereitet – doch «The Green Knight» ist viel mehr als das. Der Tunichtgut Sir Gawain soll endlich ein richtiger Mann werden. Aber wozu eigentlich, und was soll das überhaupt heissen? Oder wie Alicia Vikander als seine Geliebte fragt: Wieso dieser Drang nach Grösse, ist Güte nicht genug? Gawain macht sich auf zur Reifeprüfung, auf seiner Reise trifft er eine morbide Heilige, nonbinäre Riesen, einen sprechenden Fuchs. Und statt sich selbst zu finden, sieht er seine Ideale von Ritterehre und männlicher Tugend laufend infrage gestellt, bis er gar nicht mehr weiss, wo ihm der Kopf steht.

«The Green Knight» ist ein Film wie ein archaisches Mysterienspiel und folgt dabei hypermodern ganz eigenen Regeln. Sperriger Blockbuster, kommerzieller Experimentalfilm? Jedenfalls eins der gewaltigsten und eigenartigsten Gewächse, die das Kino dieses Jahr zu bieten hat.

«The Green Knight». Regie: David Lowery. USA 2021. Jetzt im Kino.