Neuer Gerichtsentscheid gegen Uber: Eine Frage der Zeit

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Kann man in Bezug auf ein Unternehmen, das noch nie schwarze Zahlen geschrieben hat, überhaupt von einem Erfolgsmodell sprechen? 2020 hat der US-amerikanische Techgigant Uber zwar mehr als 11 Milliarden Dollar Umsatz ausgewiesen – aber einen Verlust von 6,4 Milliarden Dollar erlitten. So geht das schon seit Jahren. Uber verkörpert eine neue Art von Unternehmen: Seine Verluste werden durch Risikokapital von Investor:innen gedeckt, die sich aber über erhebliche Kursgewinne an der Börse freuen. Denn Uber verspricht mehr als kurzfristige Dividenden: Disruption und Marktmacht.

Andere Firmen würden aus dem Markt gedrängt und die Arbeitnehmenden ihrer Alternativen beraubt, sagt David Roth, Zentralsekretär der Gewerkschaft Syndicom. Möglich macht den Vormarsch neben den Investitionsmilliarden ein perfider Trick: Im Uber-Modell sind die Fahrer:innen und Kurier:innen nicht angestellt, sondern selbstständig tätig. Sie haben deshalb keinen Anspruch auf Sozialabgaben und Ferienentschädigungen. Die Firma bewegt sich damit in einem rechtlichen Graubereich. Wobei dieser so grau gar nicht ist: In den Niederlanden, in Italien und Grossbritannien wurden Uber-Fahrer:innen unlängst von Gerichten als Angestellte anerkannt. Immer in letzter Instanz, weil Uber gegen vorhergehende Urteile Berufung eingelegt hatte.

In der Schweiz spielt sich jetzt das Gleiche ab. Letzte Woche hat das Zürcher Sozialversicherungsgericht entschieden, dass Ubers Fahrer:innen Angestellte seien. Das verpflichtet das Unternehmen zu Sozialversicherungsabgaben. Uber zieht das Urteil weiter – mit aufschiebender Wirkung. Das sei der entscheidende Punkt, sagt David Roth: «Letztlich geht es Uber darum, Zeit zu gewinnen.» Je länger das Unternehmen so weiterwirtschaften kann wie bisher, desto schwieriger wird es für seine Konkurrenten, ihren Rückstand wieder aufzuholen. Ubers Erfolg basiere auch darauf, dass die Behörden zu träge auf die Herausforderungen des sich schnell wandelnden Arbeitsmarkts reagierten, sagt Roth.