Presserat: Existenz vorläufig gesichert

Nr. 24 –

Der Presserat steckt in einer Finanzierungskrise, ein neuerlicher Anlauf für eine staatliche Unterstützung ist gescheitert. Nun zeichnet sich eine andere Lösung ab.

Diese Woche konnte Martina Fehr an einer Medienkonferenz Entwarnung geben. Die Präsidentin des Stiftungsrats des Schweizer Presserats sagte: «Die Zukunft ist vorerst gesichert. Aber die Suche nach einem nachhaltigen Finanzierungsmodell geht weiter.»

Auslöser der Finanzierungskrise ist einerseits der Erfolg des Presserats: Die Nachfrage aus dem Publikum ist gerade in den Pandemiejahren nochmals stark gestiegen. Andererseits hatte die Stiftung auf Gelder aus dem im Februar an der Urne abgelehnten Medienförderungspaket gehofft. Als der Nationalrat Anfang Juni auch noch eine parlamentarische Initiative für eine abgespeckte Medienförderung ablehnte, von der auch der Presserat profitiert hätte, war vollends klar: Der Presserat muss selber sehen, wo er bleibt.

Grosse Nachfrage

Bereits nach der Niederlage an der Urne machte sich der Presserat auf die Suche nach einer nachhaltigen Lösung. Fürs Erste hat der Stiftungsrat einmalig 100 000 Franken zur Verfügung gestellt – eingeschossen von den Trägern der Stiftung –, um den Betrieb bis Ende 2023 zu sichern. Dies verschafft dem Presserat eine Verschnaufpause. In Zukunft soll dieser Betrag dann unter anderem durch einen Gönnerverein beschafft werden, der sich allerdings noch in der Gründungsphase befindet. Sobald diese abgeschlossen ist, wird mit einem Spendenaufruf um Mitglieder geworben.

«Wenn wir die Geschäftsstelle nicht aufstocken, können wir den Betrieb so nicht weiterführen», sagt Martina Fehr im Gespräch mit der WOZ. Denn die mit 140 Stellenprozenten dotierte Geschäftsstelle kann die steigende Zahl von Beschwerden schon heute kaum bewältigen. Sie ist auf rund 80 Beschwerden pro Jahr ausgelegt. Seit 2017 liegen die Beschwerdezahlen über diesem Limit. Im ersten Pandemiejahr stiegen sie dann ins Extreme, nämlich auf 181. 2021 waren es 159 Beschwerden.

Gelinge die Finanzierung nicht, gebe es nur drei Lösungen, so Fehr. Der Presserat nimmt keine weiteren Beschwerden an, sobald die Zahl von 80 überschritten ist; er behandelt nur noch jede zweite Beschwerde, oder die Sache wird für Beschwerdeführer:innen kostenpflichtig. Bisher können sie pro Jahr drei Beschwerden kostenfrei einreichen. «Wir wollen das unbedingt beibehalten, ein niederschwelliges Angebot ist wichtig.»

Der Presserat fungiert seit 1977 als Selbstregulierungsorgan der Medienbranche und wird auch von dieser finanziert. Er besteht aus drei Kammern mit insgesamt 21 Mitgliedern, bestehend aus Medienschaffenden und sechs medialen Laien. Der Referenzrahmen für die Beurteilung der Fälle ist der 1972 ins Leben gerufene «Journalistenkodex», der Rechte und Pflichten von Medienschaffenden festschreibt.

Der Presserat kontrolliert also im Dienste der Medienkonsument:innen, ob sich Journalisten und Journalistinnen an medienethische Standards halten und faktentreu arbeiten. Er ist kein Gericht, sondern gibt Stellungnahmen ab. Die betroffenen Medien sind aber grundsätzlich verpflichtet, diese Stellungnahmen abzudrucken. Das trägt zur Qualitätskontrolle bei.

Neue Herausforderungen

Reibungsfrei läuft dieser Prozess nicht ab. Die Medienbranche selbst tut sich oft schwer mit kritischen Einordnungen ihrer Arbeit. So drohte die Konferenz der Chefredaktor:innen 2020 mit dem Austritt aus dem Presserat. Damals wurde er von Dominique von Burg präsidiert, heute leitet ihn WOZ-Redaktorin Susan Boos. Die damalige Kritik: Der Presserat haue die Medien zu oft ungerechtfertigt in die Pfanne. Mittlerweile hat sich dieser Konflikt beruhigt.

Die Zukunft des Presserats bleibt auch abgesehen vom Finanzierungsproblem eine Herausforderung. Angesichts der Digitalisierung entsteht zusätzlich zu den klassischen Medien online ein mediales Ökosystem, das sein Gleichgewicht noch nicht gefunden hat. Diese neue Unübersichtlichkeit vereinfacht die Qualitätskontrolle des Presserats nicht. Ohne zusätzliche Mittel wird er seine gesellschaftspolitisch wichtige Aufgabe nicht zufriedenstellend wahrnehmen können.