Serie: Kehraus im Roboterpark
Es war einmal eine herausragende Serie. Als die erste Staffel «Westworld» vor sechs Jahren an den Start ging, konnte man sich kaum sattsehen an dieser ausgeklügelten, formvollendeten und auch packenden Reflexion auf Western und Science-Fiction, auf Menschen und Maschinen, die in einem hochmodernen Freizeitpark aus ihren angedachten Rollen kippen. Von dieser Begeisterung ist angesichts der nun vorliegenden vierten und vielleicht letzten Staffel leider nicht viel übrig geblieben.
Das hat damit zu tun, dass die Geschichte, die «Westworld» heute zu erzählen versucht, ungefähr zu gleichen Teilen undurchschaubar und sentimental geworden ist. Die den Menschen äusserlich zum Verwechseln ähnlichen, intellektuell aber klar überlegenen Maschinen haben die Spielwiese des Parks längst verlassen. Als quasi revolutionäre Subjekte sind sie in die halbe Welt ausgeschwärmt und führen dort ihren Kampf weiter. Doch worum gehts ihnen? Und wie frei sind sie wirklich? Das wird auch in der vierten Staffel, in der die Realitäts-, Zeit- und Bewusstseinsebenen nochmals neu verschaltet sind, nicht ganz klar.
Die schlaue Wendung von «Westworld» war ja einst, dass die Hosts (wie die Roboter in diesem Universum genannt werden) programmiert waren, um die Menschen berechenbar und damit manipulierbar zu machen. Im Spiel mit den Maschinen im Freizeitpark offenbarten die Menschen ihre geheimen Gefühle und Abgründe, die so gesammelten Daten halfen bei der Perfektionierung der Roboterkonstruktion. Und sie dienten als kostbarer Rohstoff für Firmen im Stil von Cambridge Analytica und Co. Als Parabel auf die «westliche Welt» inszenierte «Westworld» somit eine brisante Schlacht profitgieriger Konzerne ums Bewusstsein.
In der aktuellen Staffel dreht sich die Serie nun aber immer mehr um den Überlebenskampf der letzten Biomenschen, ein eher abgelutschtes Sci-Fi-Motiv. Die simplen Plots, wie sie das «narrative department» einst für den alten Vergnügungspark entworfen hatte: Ironischerweise funktioniert die Serie inzwischen selber so.
«Westworld», Staffel 4. Idee: Jonathan Nolan und Lisa Joy. USA 2022. Deutsch auf Sky Show.