Auf allen Kanälen: Halbe Sachen machen

Nr. 41 –

Die SP lancierte diesen Sommer einen neuen Kommunikationskanal. Die Website «direkt» kommt aber nur auf der Oberfläche journalistisch daher.

stilisiertes Bild des Buchstaben D

«Sagen, was ist». So lautet das Motto der neuen SP-Website «direkt». Bekannt gemacht hat den Spruch der «Spiegel»-Gründer Rudolf Augstein, wie diverse Medien schon festgestellt haben: die NZZ, die «Medienwoche» und zuerst die Zürcher Wochenzeitung «P.S.». «direkt» erntete von ihnen allen Kritik. Die SP-Mediensprecherin und Projektverantwortliche Lena Allenspach entgegnet, der Spruch beziehe sich unter anderem auf Rosa Luxemburg. Die Diskussion ist müssig. Das Motto ist so oder so vor allem eines: uninspiriert. Und das ist durchaus programmatisch für «direkt».

Auf der Website publiziert die SP Artikel zu Themen, die die Partei beschäftigen und die aus Sicht der Partei auch die Öffentlichkeit beschäftigen sollten. Etwa eine Infografik zum Abstimmungsverhalten der Bundesratsparteien in der Herbstsession. Oder einen kurzen Text über Gründe dafür, dass die Inflationsrate in der Schweiz weniger hoch ist als im benachbarten Ausland: etwa weil der Strommarkt hierzulande nicht vollständig liberalisiert sei. Der Artikel ist aber nur ein paar Zeilen lang – und damit wenig erhellend.

Vorbild aus Österreich

«Auf ‹direkt› greifen wir laufend relevante Themen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft auf und beleuchten sie aus sozialdemokratischer Perspektive», beschreibt Allenspach das Projekt in der SP-Parteizeitung «Links». Zur WOZ sagt sie: «Wir sind langsam gestartet, um verschiedene Formate testen und uns aufgrund von Feedback weiterentwickeln zu können.»

Tatsächlich wirkt «direkt» so, als wäre den Macher:innen noch nicht ganz klar, was sie damit erreichen wollen. Die URL etwa enthält zwar den Begriff «Magazin», ansonsten ist aber immer nur von einer «Webseite» die Rede. Die aber sehr offensichtlich wie ein Magazin daherkommt. Sie ist nicht im typischen SP-Design gestaltet, alle Texte sind einem Ressort zugeordnet: Schweiz, International, Wirtschaft, Gesellschaft oder Wissen. Wobei sie alle nicht von Autor:innen gezeichnet sind. So bleibt irritierend unklar, ob «direkt» journalistisches Magazin oder bloss Informationsseite der Partei sein will. Auch wenn Allenspach gegenüber der WOZ betont, keinen unabhängigen Journalismus betreiben zu wollen.

Vorbild sei die österreichische Schwesterpartei gewesen, sagt Allenspach. Die SPÖ betreibt schon seit sechs Jahren die Seite «kontrast» – und erreicht damit monatlich bis zu eine halbe Million Leser:innen. So wie jetzt «direkt» wurde auch das österreichische Pendant von Beginn an kontrovers diskutiert: «kontrast» verwische die Grenze zwischen Journalismus und Werbung, lautet ein Vorwurf.

Lange aber waren auch in der Schweiz Arbeiter:innen- und Parteizeitungen weitverbreitet (siehe «wobei» Nr. 4/21). Erst in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts verschwanden sie fast alle. Die Idee der SP, wieder einen Versuch zu wagen und eine eigene Publikation zu lancieren, um sozialdemokratischen Perspektiven und Analysen Platz zu verschaffen, steht in dieser Tradition. Das Vorbild «kontrast» beweist, dass es auch heute noch möglich ist, ein solches Parteimedium zu etablieren.

Wider die Medienkonzentration

Gründe dafür, es zu versuchen, gibt es viele: Die Marktkonzentration in der Medienbranche ist beängstigend. Und die Kritik prominenter SP-Vertreter:innen wie Jacqueline Badran, wonach linke Positionen darin untervertreten seien, ist nicht unberechtigt.

Um der krassen medialen Übermacht etwas entgegenzuhalten, reicht es aber nicht, sich ein journalistisches Mäntelchen umzuhängen und in wenigen vor Schlagworten triefenden Absätzen SP-Positionen auszuformulieren. Wenn die Partei eine Alternative zum Journalismus der grossen Medienhäuser bieten will, muss sie vor allem auch tatsächlich selbst Journalismus bieten. Und dieser folgt klaren Regeln, die etwa in den Richtlinien des Schweizer Presserats festgehalten sind. Dass auf dieser Grundlage auch mit politischen Organisationen verbundene Medien wichtige Arbeit leisten können, beweist unter anderem die Unia-Zeitung «work».

Als ersten Grundsatz nennt der Presserat die «Wahrheitssuche». In ihrem Disclaimer hält die SP auf www.direkt-magazin.ch dagegen fest, dass sie sich zwar um richtige Informationen bemühe, aber dafür keinerlei Verantwortung oder Garantie übernehme. Darauf angesprochen, kann Allenspach den verwunderlichen Hinweis nicht erklären.