Keller-Sutters Sparprogramm: Schlechte Wirtschaftspolitik

Nr. 8 –

Es war ein irreführender Satz, den Karin Keller-Sutter sagte, als sie die defizitären finanziellen Aussichten für die nächsten Jahre präsentierte. Schuld am Defizit seien zu hohe Ausgaben, so die neue FDP-Finanzministerin, nicht etwa zu tiefe Einnahmen – weshalb nun gespart werden müsse. Es war eine als Erkenntnis getarnte Meinung. Denn ob der Bund zu viel ausgibt oder zu wenig einnimmt, ist ein politischer Entscheid.

Seit Jahren wird jede Steuererhöhung für Grosskonzerne oder Reiche vom Bundesrat bekämpft, während er gleichzeitig eine Steuersenkung nach der anderen vorantreibt: Als Nächstes will er die Reedereien mit der sogenannten Tonnagesteuer erfreuen, deren finanzielle Folgen er – ohne Witz – bis jetzt nicht beziffern kann. Auch wegen solcher Steuergeschenke haben sich die Vermögen der 300 Reichsten in der Schweiz seit 2000 von 400 auf 800 Milliarden Franken verdoppelt.

Wenn er schon ihre Vermögen nicht besteuert, könnte der Bund sich immerhin Geld bei ihnen leihen. Zwar können Schulden irgendwann zum Problem werden, da Investor:innen überschuldete Staaten mit Kapitalabzug erpressen können. Allerdings ist die Schweiz so unglaublich tief verschuldet wie kaum ein anderes Land: In den letzten zwanzig Jahren ist die Schuld des Bundes laut Internationalem Währungsfonds gar von 25 auf 12 Prozent des Bruttoinlandprodukts gesunken – und ist selbst im Coronajahr 2020 lediglich auf 14 Prozent gehüpft. Die «dunklen Wolken», die hierzulande immer wieder bemüht werden, sind Blödsinn. Die rigide Schuldenbremse gehört reformiert.

Statt die wachsenden Grossvermögen zu besteuern, will Keller-Sutter lieber bei wichtigen Staatsausgaben sparen. Sie will nicht nur Witwenrenten kürzen, sondern auch wichtige öffentliche Investitionen, die im Kampf gegen die Klimakatastrophe wie auch für unseren künftigen Wohlstand absolut zentral sind: in Entwicklungsprojekte, Kinderbetreuung, Forschung, Bildung, Kultur, Umweltschutz oder in den öffentlichen Verkehr. Das ist nichts anderes als schlechte Wirtschaftspolitik.