Die Rolle der Regionalmächte: Botschaft aus Teheran

Nr. 41 –

Die Verschiebungen im Verhältnis zwischen Israel, Saudi-Arabien und Iran spielen bei der Eskalation rund um den Gazastreifen eine zentrale Rolle.

Viele arabische Regierungen sind nach den Angriffen der Hamas auf Israel um die Sicherheit in der Region besorgt. Sie verweisen auf eine israelische Verantwortung für die Eskalation. Ahmed Aboul Gheit, früherer ägyptischer Aussenminister und jetziger Chef der Arabischen Liga, forderte von Israel «einen sofortigen Stopp der Militäreinsätze in Gaza». Die Politik Israels sei eine «Zeitbombe», «die der Region in absehbarer Zukunft jede ernsthafte Chance auf Stabilität nimmt». Der jordanische König Abdullah II. rief beide Seiten zu Zurückhaltung auf. Gleichzeitig wurde aus dem jordanischen Abgeordnetenhaus die israelische Regierung für die Angriffe auf Gaza und ihre Palästinapolitik kritisiert.

Geld aus den USA

Ägypten war das erste arabische Land, das in den 1970er Jahren diplomatische Beziehungen zu Israel aufnahm. Es grenzt sowohl an den Gazastreifen als auch an Israel. Seit Jahrzehnten erhält das Land US-amerikanische Hilfsgelder. Jordanien ist Zufluchtsort für Hunderttausende Palästinenser:innen, aber auch dieses Land ist von US-Hilfsgeldern abhängig, weswegen sich der König nun betont besonnen zeigt.

Auch Saudi-Arabien macht die israelische Besatzungspolitik für die Gewaltspirale mit verantwortlich. Das Aussenministerium des Königreichs warnt vor einer «Entziehung der legitimen Rechte des palästinensischen Volkes» und fordert eine neue Friedensinitiative mit dem Ziel einer Zweistaatenlösung. Der Ölstaat galt lange Zeit als Schutzmacht der Palästinenser:innen. Unter dem Kronprinz Muhammad bin Salman hat sich die Beziehung zu Palästina allerdings verändert. Der Machthaber sieht den Israel-Palästina-Konflikt als ein Hindernis für eine Aussöhnung mit Israel, die er anstrebt und über die seit einiger Zeit verhandelt wird.

Ein Netz von Milizen

Eine israelisch-saudische Entspannung – das will der Iran als weitere Regionalmacht unbedingt verhindern. Als der saudi-arabische Kronprinz Ende September in einem Interview über Verhandlungen mit Israel sprach, läuteten im Iran die Alarmglocken. «Wir kommen dem jeden Tag näher», sagte Salman gegenüber dem US-Sender Fox News. Die Saudis fordern allerdings die Einbeziehung des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas in den Verhandlungsprozess, dessen Autonomiebehörde im Westjordanland zusehends in die Bedeutungslosigkeit gerutscht war. Kurz nach dem Fox-News-Interview entsandte Saudi-Arabien erstmals nach dreissig Jahren hochrangige Vertreter:innen nach Ramallah ins Westjordanland, die sich mit Abbas trafen.

Der Iran unterstützt zahlreiche Milizen im Libanon, im Irak, in Syrien, Jemen und im Gazastreifen und war möglicherweise auch beim jetzigen Terrorangriff der Hamas logistisch beteiligt. Dieses Netz verschafft dem Mullahregime eine starke Präsenz in der Region, mit dem es den Druck auf den Erzfeind Israel und den Konkurrenten Saudi-Arabien hochhalten kann. Der überwiegend schiitische Iran und das sunnitische Saudi-Arabien ringen auch gewaltsam um politischen Einfluss in der Region. Seit 2015 führen sie im Jemen einen indirekten Krieg gegeneinander. Während der Iran die schiitischen Huthirebellen unterstützt, führt Saudi-Arabien eine Gruppe sunnitisch geprägter Golfstaaten an, die an der Seite der international anerkannten Regierung steht. Eine Normalisierung zwischen den Saudis und Israel würde auch die erst kürzlich aufgenommenen Friedensgespräche zwischen dem Iran und Saudi-Arabien bezüglich des Jemen gefährden – dabei wollen sich beide Länder aus dem kostspieligen Konflikt zurückziehen.

Wie die Hamas ist auch der Iran nicht an einer politischen Lösung mit Israel interessiert. Erst im Mai stellte die Islamische Republik eine neue Mittelstreckenrakete vor, die mit ihrer Reichweite Israel treffen kann. Insgesamt steigt aufgrund der Eskalation das Risiko, dass Israel vermehrt von proiranischen Milizen angegriffen wird. Insbesondere die libanesische Hisbollah gilt als militärisch wesentlich stärker als die Hamas – und ist für Israel eine ständige Bedrohung.