Alle Macht den Städten (1): Grüner Überraschungs­sieg in Chur

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Eine der wenigen erfreulichen Meldungen des ansonsten eher düsteren Wahl- und Abstimmungswochenendes traf aus Chur ein: In der Bündner Hauptstadt eroberte der Grüne Simon Gredig den Stadtratssitz von Mitte-Politikerin Sandra Maissen. Chur hat damit neu eine links dominierte Stadtregierung. Neben dem 31-jährigen Umweltwissenschaftler Gredig schafften der bisherige SP-Vertreter Patrik Degiacomi sowie FDP-Kandidat Hans Martin Meuli die Wahl ins dreiköpfige Gremium. Am meisten Stimmen – nämlich 5101 – holte der Bisherige Degiacomi. Die beiden Neuen Gredig und Meuli erzielten 4739 respektive 4115 Stimmen. Noch nicht entschieden ist nach dem ersten Wahlgang, wer Stadtpräsident wird. Weil keiner der dreien das absolute Mehr erreichte, kommt es am 30. Juni zum zweiten Wahlgang. Deutlich vorne liegt derzeit SP-Mann Degiacomi.

Die Wahl des jungen grünen Kandidaten Gredig ist eine Sensation: In Chur war bis anhin noch nie ein amtierendes Stadtratsmitglied abgewählt worden. Der linke Erfolg reiht sich indes in eine Entwicklung ein, die in den neunziger Jahren ihren Anfang nahm: Die Städte rücken seither kontinuierlich nach links. Genf, Lausanne und Bern waren Anfang der Neunziger die ersten Schweizer Städte, in der die Linke die Regierungsmehrheit von den Bürgerlichen eroberte. 1994 folgte Zürich, 1997 Biel und 2005 Basel und Winterthur. Zwar gibt es auch Gegentendenzen – Basel-Stadt ist seit 2020 nicht mehr links-grün dominiert, und in Genf verlor Links-Grün bei den Wahlen im letzten Jahr die Mehrheit. Dagegen kam es in den vergangenen Jahren auch in kleineren Städten wie Aarau, Olten, Baden oder Burgdorf zum Linksrutsch.

Der Wermutstropfen in Chur: Dem rot-grünen Lager gelang es nicht, die Sitzverteilung im Stadtparlament zu verändern. Die Bürgerlichen behalten mit ihren 11 Sitzen eine äusserst knappe Mehrheit im 21-köpfigen Gremium. Die Allianz aus SP, Freier Liste, Grünen und GLP hält weiterhin 10 Sitze.