Lukrative Geschäfte: Die Platzhirsche

Nr. 41 –

Diese sechs Unternehmen waren in den Jahren 2015–2023 besonders erfolgreich im Exportgeschäft. Das bewilligte Ausfuhrvolumen bezieht sich auf die folgenden Kategorien:

 

1)  Kriegsmaterial 2)  besondere militärische Güter 3)  Überwachungstechnologie

Karte der Schweiz mit eingezeichneten Firmenstandorten

Pilatus Flugzeugwerke AG: Der Flugzeugbauer

1) 152,14 Millionen Franken 
2) 1,41 Milliarden Franken

Trainingsflugzeuge von Pilatus, die zur Ausbildung von Kampfjetpilot:innen eingesetzt werden, sind in der Vergangenheit unter anderem an die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien, Katar, Jordanien, die USA oder Malaysia geliefert worden. Das US-Militär etwa setzte das Pilatus-Modell PC-12 aus Stans in modifizierter Form unter dem Namen «Draco» im «War on Terror» in Afghanistan ein – so auch bei einem Angriff auf die Provinzstadt Ghasni, bei dem mutmasslich sechzehn Zivilist:innen starben.

Die Firma besitzt mehrere Generalausfuhrbewilligungen, dank derer sie Ausfuhren in bestimmte Länder nicht bewilligen lassen muss. Gut möglich also, dass die Exporte weit höher sind als die für weitere Länder eingeholten Bewilligungen im Umfang von 1,41 Milliarden Franken.

B & T AG: Die Waffenschmiede

1) 333,40 Millionen Franken 
2) 4,26 Millionen Franken

Das Familienunternehmen aus Thun gehört seit Jahren zu den grössten Waffenexporteuren der Schweiz. Die 1991 von Karl Brügger und Heinrich Thomet gegründete Firma produziert Maschinenpistolen, Scharfschützengewehre und Granatwerfer. Mehrere Exportgeschäfte der B & T AG sorgten für mediales Aufsehen, zum Beispiel, weil mit einem lizenzierten Nachbau eines B-&-T-Gewehrs im Jahr 2014 in der Ukraine auf Demonstrant:innen geschossen wurde. Zudem sollen B-&-T-Maschinenpistolen vom russischen Geheimdienst FSB im Donbas eingesetzt worden sein. Aber auch Exporte von «nichttödlichen» Waffen sorgten für Kritik. Gelbwesten-Aktivist:innen in Frankreich beklagten 2019 schwere Verletzungen durch den Einsatz des GL06, eines Werfers für Wuchtgeschosse und Reizstoffe aus dem Hause B & T.

Decodio AG: Der Überwacher

3) 27,21 Millionen Franken

Aufstieg abseits der öffentlichen Aufmerksamkeit: Die Decodio AG aus Zürich exportiert vor allem Software für Überwachungslösungen und beliefert vorzugsweise europäische Länder – seit 2015 im Umfang von über 27 Millionen Franken. Zahlreiche der belieferten Länder – etwa Spanien, Polen oder Griechenland – verletzen durch ihre Grenzpolitik systematisch Menschenrechte. Die Decodio-Produkte sind Bestandteil von «Nestor», einem europäischen Grenzüberwachungsprogramm unter der Leitung der griechischen Polizei und zahlreicher Grenzschutzbehörden, inklusive Frontex. Das Einsatzgebiet von «Nestor»: die Evros-Region zwischen Griechenland und der Türkei, wo seit Jahren gewalttätige Angriffe und illegale Pushbacks gegen Migrant:innen stattfinden.

Rheinmetall Air Defence AG: Das Schwergewicht

1) 6,89 Milliarden Franken 
2) 12,72 Millionen Franken

Keine andere Schweizer Rüstungsfirma hat ein höheres Exportvolumen als die Rheinmetall Air Defence AG. Die Tochter des deutschen Rüstungskonzerns Rheinmetall – Motto: «Verantwortung übernehmen in einer Welt im Wandel» – stellt in Zürich Oerlikon Flugabwehrsysteme her. Neben dem ehemaligen Standort der Bührle-Waffenproduktion betreibt der Mutterkonzern unter dem Kürzel RWM (Rheinmetall Waffen Munition) noch weitere Standorte in der Schweiz.

Doch die Rheinmetall-Standorte sind wegen Restriktionen der Schweizer Gesetzgebung für Rüstungsexporte unter Druck geraten (vgl. «Der drohende Kontrollverlust»). Wird die Schweiz zunehmend ein Entwicklungszentrum, während zukünftig anderswo produziert wird? So geschehen ist das beim Flugabwehrsystem Skynex: Es wurde in der Schweiz entwickelt, aber in Italien produziert. Und von dort im Frühjahr 2023 an die Ukraine exportiert.

Safran Vectronix AG: Der Spezialist

1) 8,98 Millionen Franken 
2) 101,98 Millionen Franken

Seit 2003 ist das Ostschweizer Unternehmen Teil des französischen Technologie- und Rüstungskonzerns Safran. In Heerbrugg produziert die Schweizer Tochter Entfernungsmess- und Nachtsichtgeräte sowie Orientierungs- und Positionierungssysteme. Diese liefert das Unternehmen auch an kritische Abnehmer wie Aserbaidschan, Israel, Kolumbien oder Katar – Länder, in denen Sicherheitskräfte nachweislich Menschenrechtsverletzungen begehen. Letztes Jahr holte die Safran Vectronix AG Bewilligungen für Exporte nach Chile, Rumänien, China, Indonesien, Jordanien oder den Oman ein.

Sauter, Bachmann AG: Der Zulieferer

1) 79,76 Millionen Franken

Die Sauter, Bachmann AG produziert in Netstal Verzahnungen, Getriebe und Systeme für Flugzeuge, Helikopter und Turbinen, sowohl in der zivilen wie auch in der militärischen Luftfahrt. Die Firma liefert unter anderem Komponenten für Kampfjettriebwerke, beispielsweise sogenannte Power-Take-off-Getriebe für das F/A-18-Triebwerk F404. Das Glarner Unternehmen holt jedes Jahr Ausfuhrbewilligungen für Kriegsmaterial im Millionenbereich ein. Geschäftsführer Martin Sauter schreibt auf eine Anfrage jedoch, dass die Firma längst nicht alle eingeholten Bewilligungen auch wirklich nutze.

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