Film: Fleisch und andere Drogen

Nr. 7 –

Filmstill aus «Queer»
«Queer». Regie: Luca Guadagnino. Italien/USA 2024. Jetzt im Kino.

Er ist der Akkordregisseur des starbesetzten Arthouse-Mainstreams: Seit 2022 hat Luca Guadagnino («Call Me by Your Name») jedes Jahr einen neuen Film am Start. Vielleicht wirken die Filme deshalb oft seltsam unpersönlich, aber eine gewisse Konstante lässt sich ausmachen: ein anhaltender Appetit auf Fleisch.

Nach einer kannibalistischen Romanze mit Timothée Chalamet («Bones and All») und einem heissen Tennisdreieck mit Zendaya und Josh O’Connor («Challengers») ist der Italiener jetzt beim bisexuellen Beatnik William S. Burroughs gelandet. Genauer gesagt bei dessen autobiografischem Roman «Queer», angesiedelt im Mexiko-Stadt der fünfziger Jahre. Gedreht hat Guadagnino in den Cinecittà-Studios in Rom: alles hübsch ausstaffiert in dieser Kulissenstadt, aber ein Gefühl für einen Ort oder eine Zeit will sich im Film nicht einstellen. Und was hat Kurt Cobain mit «Come as You Are» hier verloren? Ach so, der Song wird nur gespielt, weil der Regisseur daran erinnern wollte, dass Burroughs und der Nirvana-Sänger befreundet waren.

Ein echter Coup ist aber der britische Geheimagent a. D. in der Hauptrolle: Daniel Craig ist grandios, wie er als Burroughs’ Alter Ego auf der Suche nach Sex/Liebe durchs Exil taumelt. Wenn es nun heisst, Craig verkörpere in «Queer» das schiere Gegenteil von James Bond, dann ist das allerdings Unsinn. Er bricht hier nicht mit seinem Image, sondern spielt genüsslich damit. Bond schwingt unweigerlich mit, wenn Craig als Playboy jüngeres Fleisch umwirbt – nur dass er das hier eben in Schwulenbars tut und seine Avancen auch eine tragische Note haben.

Den gescheitelten Jüngling (Drew Starkey) bekommt er dann doch ins Bett. Die beiden unternehmen schliesslich sogar einen Trip in den peruanischen Dschungel, wo Lesley Manville als irre Forscherin auf sie wartet – und eine ungeheuer zärtliche Verschmelzungsfantasie auf Ayahuasca. Die traumähnliche Coda dagegen, die noch schnell den Fakt abhaken will, dass Burroughs vor der Niederschrift von «Queer» seine Ehefrau Joan Vollmer erschossen hatte: schale Alibiübung.