Energiepolitik: Beschleunigen, aber sorgfältig
Nächste Woche kommt der Beschleunigungserlass erneut ins Parlament. Er soll sicherstellen, dass der Ausbau von Wasser-, Wind- und Solarkraftwerken schnell geht. Doch nun droht das Gegenteil zu passieren.
Dank des Verbandsbeschwerderechts (VBR) können Umweltorganisationen sich wehren, wenn ein Bauprojekt gegen geltendes Recht verstösst. Der Ständerat möchte das VBR aushebeln: Bei den sechzehn Wasserkraftprojekten, die laut Stromgesetz Priorität haben, soll keine Beschwerde möglich sein. Das ist ein Freipass für unsorgfältige Planung und ein Frontalangriff auf den Umweltschutz. Und es verstösst gegen das Versprechen, das der Bundesrat erst vor einem Jahr, vor der Abstimmung zum Stromgesetz, gegeben hat: «Die Beschwerdemöglichkeiten von Privaten und Verbänden bleiben bestehen», stand im Abstimmungsbüchlein.
Sollte sich der Ständerat durchsetzen, würden sich Grüne und Umweltorganisationen wohl gezwungen sehen, das Referendum zu ergreifen. Die Energiewende würde verlangsamt, nicht beschleunigt. Das wissen auch die Mitte-Rechts-Hardliner im Ständerat. Ihnen geht es offensichtlich nicht um Klimaschutz, sondern um eine Schwächung des Umweltrechts.
Ein Kompromiss wäre in Griffnähe: Der Nationalrat will, dass Beschwerden gegen die Wasserkraftprojekte möglich sein sollen, wenn sich drei Organisationen dafür zusammenschliessen. Das würden die Umweltorganisationen akzeptieren.
Die nächste grosse Herausforderung der Energiewende ist der Ausbau des Stromnetzes. Dazu hat der Bundesrat vergangene Woche seine Botschaft für den «Netzexpress» verabschiedet. Auch beim Bau neuer Hochspannungsleitungen ist Sorgfalt und Schonung von Biotopen und Landschaft nötig. Der Ständerat darf mit seinem Angriff auf das Verbandsbeschwerderecht nicht durchkommen. Sonst ist absehbar, dass die Schwächung des Umweltschutzes weitergehen wird – wahrscheinlich schon beim «Netzexpress». Und danach wohl auch bei Skipisten, Hotels und Freizeitanlagen ausserhalb von Siedlungen und allem, was man sonst noch so in die Landschaft bauen könnte.