Assata Shakur (1947–2025): Stachel im Unrechtssystem
Assata Shakur verstarb vor einer Woche, am 25. September 2025, in Havanna, wo sie seit 1984 als politische Geflüchtete gelebt hatte – doch das FBI führt sie unter ihrem bürgerlichen Namen Joanne Deborah Chesimard online noch immer als «most wanted terrorist». Verfolgt bis über den Tod hinaus. Für ihr kurzes Engagement 1971 in den Sozialhilfeprogrammen der Black Panther Party in New York; für ihre Verbindungen zur Black Liberation Army, die den strukturellen Rassismus mit Waffengewalt niederringen wollte; für eine Reihe von Raubüberfällen, die ihr das FBI über eine Desinformationskampagne in den Medien unterschob, auch wenn ihre Beteiligung an den meisten davon später nicht nachgewiesen werden konnte; und schliesslich für den Mord an einem Polizisten 1973, den sie nicht begangen hat (weil sie nachweislich nicht geschossen hat).
Dass eine linke Schwarze Feministin in den USA seit über fünfzig Jahren von Regierungen wechselnder Couleur immer wieder neu und mit wachsendem Eifer als Terroristin gebrandmarkt wurde: Es erzählt viel über die tief verankerten und weit zurückreichenden Wurzeln rassistischer wie auch sexistischer Strukturen. Und Assata Shakur hat diese schonungslos offengelegt, nicht zuletzt in ihrer 1987 veröffentlichten Autobiografie. Darin beschreibt sie das US-Justizsystem als eigentliches Unrechtssystem: wie sie und ihre Kollegen an jenem verhängnisvollen 2. Mai 1973 von der Polizei unter dem Vorwand eines defekten Rücklichts angehalten und mit gezückten Waffen bedroht wurden; wie sie über Jahre in einem Männergefängnis in Isolationshaft steckte und bis in intimste Verrichtungen überwacht wurde. Sie berichtet von ärztlichen Übergriffen und davon, wie ihr als Schwangerer medizinische Versorgung verweigert, sie zwischenzeitlich in ein so abgelegenes Hochsicherheitsgefängnis verlegt wurde, dass ihre Mutter sie mit der kleinen Tochter nicht besuchen konnte.
Es sind Abläufe und Routinen, die sich weitgehend unverändert bis heute wiederholen. Dass sich Assata Shakur unermüdlich dagegen wehrte, machte sie, zusammen mit Angela Davis, zur Ikone der Abolitionsbewegung – und ihren Tod zum Stachel im Fleisch des aktuellen Präsidenten, der seit seiner ersten Amtszeit vergeblich ihre sofortige Auslieferung von Kuba gefordert hatte.