Waffenexporte: Die Neutralität wird begraben

Nr. 46 –

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Die bürgerliche Mehrheit aus SVP, FDP und Mitte hat am Dienstag in der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats eine weitgehende Lockerung für Exporte von Kriegsmaterial beschlossen. Das Geschäft kommt nun ins Parlament, wo angesichts der politischen Mehrheitsverhältnisse die definitive Annahme der Lockerung wahrscheinlich ist.

Für die hiesige Waffenindustrie ist das ein Grosserfolg. Ihr von Lobbygruppen wie Swissmem getragenes Jammern, wonach die Branche wegen strenger Exportauflagen darbe, hat verfangen. Dabei zeigt ein Blick in den WOZ-Rüstungsreport, in dem die bewilligten Kriegsmaterialexporte aufgelistet sind: Die Auftragsbücher der Waffenschmieden sind voll (siehe www.rüstungsreport.ch).

Die geplante Lockerung umfasst zwei gravierende Änderungen: Erstens sollen Schweizer Rüstungsunternehmen Kriegsmaterial an 25 mehrheitlich westliche Länder selbst dann liefern dürfen, wenn diese sich in einem bewaffneten Konflikt oder Bürgerkrieg befinden oder die Menschenrechte systematisch verletzen. Und ganz grundsätzlich können alle Länder, die Schweizer Waffen gekauft haben, diese künftig weitergeben. Explizit ausgenommen von dieser Lockerung ist, dies hat die SVP so eingefordert, eine Weitergabe an die Ukraine. Aus neutralitätsrechtlichen Gründen.

Das ist ein schlechter Witz. Die Lockerung der Exportkontrollen, die quasi einer Abschaffung gleichkommt, würde bedeuten, dass Schweizer Sturmgewehre, Munition, Flugabwehrgeschütze oder Panzer künftig über die USA, Grossbritannien oder auch Deutschland etwa nach Israel geliefert werden können. Oder in die Vereinigten Arabischen Emirate, die nachweislich Waffen an die paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF) im Sudan weitergeben, die derzeit einen Massenmord an Zivilist:innen begehen.

Stimmt das Parlament der Lockerung zu, ist ein Referendum sicher. Wie dann die SVP ihr Ja zur Änderung begründet, dürfte interessant sein. Denn nächstes Jahr kommt ihre «Neutralitätsinitiative» zur Abstimmung. Mit der weitreichenden Freigabe von Kriegsmaterialexporten auch in Kriegs- und Konfliktzonen kann von Neutralität keine Rede mehr sein.