WOZ-Abstimmungsblog

Verrechnungs­steuer: Maurers miserable Bilanz

Cartoon von Ruedi Widmer: Ein Staubsauger mit dem Aufdruck «Olikärchie» saugt Geld ein
Illustration: Ruedi Widmer

Das Nein zur Teilabschaffung der Verrechnungssteuer ist in erster Linie die Niederlage von Finanzminister Ueli Maurer (SVP). Im September 2020 überzeugte er den Bundesrat, die Verrechnungssteuer auf Obligationen ersatzlos zu streichen – eine Steuer, die zum Zweck hat, Steuerhinterziehung zu verhindern. Und dies, obwohl die Steuerverwaltung in jahrelanger Arbeit eine Alternative entwickelt hatte, mit der die Steuerhinterziehung im Gegenteil weiter hätte erschwert werden sollen.

Maurer verlor 2017 bereits die Unternehmenssteuerreform III (die erst zwei Jahre später nach einem Kompromiss mit der Linken durchkommen sollte), zu Beginn dieses Jahres folgte das Nein zur Abschaffung der Stempelabgabe. Es ist heute also das dritte Mal in Folge, dass Maurer mit einer Unternehmenssteuerreform im ersten Anlauf scheitert. Da nützt es nicht viel, dass er in Vorahnung seiner Niederlage das Geschäft als «Reförmchen» herunterzuspielen versuchte.

Das Nein ist auch eine Niederlage für SVP, FDP, Mitte-Partei und GLP, die Maurer nach seinem Entscheid einfach folgten – obwohl Maurers Finanzplatz-Beirat aus Beamten und Konzernvertretern noch 2018 vor «bedeutenden Mindereinnahmen bei Bund, Kantonen und Gemeinden» gewarnt hatte und obwohl ihnen klar war, dass sie damit ein neues Steuerschlupfloch schaffen würden. Einmal mehr entschieden sich die Bürgerlichen, die Wünsche der Wirtschaftsverbände kompromisslos durchs Parlament zu drücken. Dies im Glauben, die Stimmbevölkerung würde sich noch wie in den nuller Jahren mit ein paar Werbemillionen und der immer gleichen Litanei von steigenden Steuereinnahmen und mehr Arbeitsplätzen gewinnen lassen.

Das Ja-Lager redete das Steuerschlupfloch klein und bestellte beim Forschungsinstitut BAK einen Bericht, der der Schweiz für den Fall einer Zustimmung an der Urne üppige Steuereinnahmen prophezeite. Doch der Schuss ging nach hinten los: Der Lausanner Ökonomieprofessor Marius Brülhart wies als Erster darauf hin, dass der Bericht auf einer Zahl der Bankiervereinigung ohne klare Quellenangaben beruhte, die mit unbekannten «Margen» multipliziert wurde. Wissenschaftliche Evidenz: null.

So gesehen ist der Sieg von SP, Grünen und Gewerkschaften, die das Referendum ergriffen hatten, nicht nur ein Sieg gegen die Steuerhinterziehung und für den sozialen Zusammenhalt im Land. Es ist auch ein Sieg für die Demokratie: Die Stimmbürger:innen liessen sich von den Irreführungen nicht täuschen – auch wenn die halbe Schweiz damit zutapeziert worden war.

SVP, FDP, Mitte-Partei und GLP werden sich überlegen müssen, ob sie die Maximalforderungen von Economiesuisse und anderen Verbänden auch weiterhin kompromisslos durchs Parlament drücken wollen. Die Bilanz nach drei gescheiterten Steuerreformen, die in der Verwaltung Unmengen von Arbeit und Geld verschlungen haben, ist schlicht miserabel. Genau wie jene von Ueli Maurer: Er hat in seinen sieben Jahren als Finanzminister keine einzige Steuerreform im ersten Anlauf durchgebracht.