Emissionshandelssystem statt Co₂-Abgabe: Systemwechsel in der Schweizer Klimapolitik

Nr. 39 –

Mit der «Klimapolitik nach 2030» plant der Bundesrat nichts weniger, als die bestehenden Klimagesetze umzupflügen.

Die Schweizer Klimagesetzgebung ist ein ziemlicher Flickenteppich. Für Emissionen aus Treibstoffen wie Benzin und Diesel gibt es eine Kompensationspflicht: Importeure müssen für einen Teil des CO₂, das sie in Form von Benzin oder Diesel in die Schweiz bringen, Kompensationszertifikate kaufen. Das führt schliesslich auch zu einem Aufpreis an der Zapfsäule. Anders – und nochmals komplizierter – sind die Regeln für fossile Brennstoffe wie Heizöl oder Erdgas: Privathaushalte und kleinere Firmen bezahlen die CO₂-Lenkungsabgabe von 120 Franken pro Tonne CO₂. Mittelgrosse Emittenten wie Ems Chemie, Nestlé oder Bell haben für gewöhnlich eine CO₂-Zielvereinbarung mit dem Bund, die festhält, was für Klimaschutzmassnahmen die Unternehmen umsetzen müssen. Im Gegenzug sind sie von der CO₂-Abgabe befreit. Die ganz grossen Emittenten, vor allem Konzerne aus der Schwerindustrie wie der Baustoffriese Holcim, das Stahlunternehmen Steeltec oder Varo, die letzte Erdölraffinerie der Schweiz, bezahlen weder CO₂-Abgabe, noch haben sie eine CO₂-Zielvereinbarung. Stattdessen machen sie beim Emissionshandelssystem mit, dem sogenannten EHS1.

Dieser Flickenteppich soll ab 2031 weggeräumt werden, das hat der Bundesrat vorletzte Woche mitgeteilt. Kompensationspflicht, CO₂-Abgabe und wohl auch CO₂-Zielvereinbarungen sollen fallen und durch das EHS2 ersetzt werden: ein Emissionshandelssystem für Gebäude und Verkehr. Das EHS (vgl. «Ein marktorientiertes Planspiel» im Anschluss an diesen Text) wäre damit das wichtigste Regulierungs- und Bepreisungsinstrument für CO₂ – und die «Klimapolitik nach 2030» nichts Geringeres als ein Systemwechsel in der Schweizer Klimagesetzgebung.

Um diesen Artikel zu lesen, haben Sie drei Möglichkeiten:

Jetzt die WOZ abonnieren Login (für Abonnent:innen) App laden und Einzelausgabe kaufen