Nach Klimaschutz-Ja: Nukleares Störfeuer

Die Annahme des Klimaschutzgesetzes müsste eine Zäsur sein: Netto null Treibhausgasemissionen bis 2050, so lautet das Ziel, für das sich am Sonntag eine deutliche Mehrheit der Schweizer Stimmberechtigten ausgesprochen hat. Es ist ein Grundsatzentscheid, der eine entsprechende Debatte verdient: Mit welchen – auch einschneidenden – Massnahmen erreichen wir netto null, und wie gestalten wir diese sozialverträglich? Wie lässt sich unsere Wirtschaft so umbauen, dass sie die Menschen versorgt, ohne auf Gedeih und Verderb wachsen zu müssen?

Wie weit weg eine solche Grundsatzdebatte ist, offenbarte die SRF-Elefantenrunde der Parteipräsident:innen am Abstimmungssonntag. Keine Silbe zur Reduktion des CO2-Ausstosses und entsprechenden Massnahmen; stattdessen ging es vor allem um die Frage, woher künftig der Strom kommen soll, um so weiterzumachen wie bisher. Umgehend brachte SVP-Vizepräsidentin Magdalena Martullo-Blocher den Bau neuer AKWs ins Spiel. So weit wollte FDP-Präsident Thierry Burkart nicht gehen, aber auch er ist überzeugt, dass es weiterhin Atomenergie braucht.

Die beiden rechtsbürgerlichen Parteien halten die Atomkraft ziemlich sicher nicht für ein taugliches Instrument, um unsere Treibhausgasemissionen bis 2050 auf netto null zu bringen. Der Bau neuer Atomkraftwerke ist in der Schweiz seit der Annahme der Energiestrategie 2017 verboten. Aktuelle AKW-Neubauprojekte in Frankreich oder Finnland sind abschreckende Beispiele, bei denen es zu riesigen Bauverzögerungen und Kostenüberschreitungen gekommen ist. Die Entsorgung des hochradioaktiven Abfalls ist weiterhin ungeklärt, ausserdem haben die Katastrophen von Tschernobyl und Fukushima gezeigt, wie gefährlich der Betrieb von AKWs ein kann. Ein Neubau ist für die Schweiz absolut unrealistisch.

Die von rechts angestossene Atomstromdebatte hat eine andere Funktion. Mitte-Präsident Gerhard Pfister hat diese in der Präsidentenrunde sauber analysiert: Es gehe um eine «Ausweichdiskussion», die den Ausbau der erneuerbaren Energien ausbremsen solle. Dumm nur, dass auch Mitte-Vertreter:innen im Komitee der «Blackout stoppen»-Initiative sitzen, die das AKW-Verbot aufheben will.