Genau so, Frau Bundesrätin Fehr!

Es ist in Bundesbern ein offenes Geheimnis: Darüber, wer in die Landesregierung gewählt wird, entscheiden schon lange nicht mehr nur irgendwelche Parlamentarier:innen in der sagenumwobenen «Nacht der langen Messer», sondern auch die WOZ. Und unsere Hearings sind in vollem Gang. Seit gestern in der Poleposition: die Zürcher Regierungsrätin Jacqueline Fehr.

Klar, die Justizdirektorin hat auch ihre schwierigen Seiten. Die Datenleckaffäre? Das hätte wohl besser laufen können. Ihr Vergleich der Schutzmaske mit einem Nikab mitten in der Coronapandemie? Etwas taktlos, zugegeben.

Aber Fehr kann mehr: Unter dem Titel «It’s the property, stupid!» veröffentlichte sie gestern auf ihrem Blog einen Beitrag, in dem sie so direkt die Eigentumsfrage aufwarf, dass ein linkes Herz darob nicht anders als verzückt sein kann. Die «Auswirkungen von Eigentum», schreibt Fehr, seien «kein Naturgesetz». Sie stünden an der Wurzel der Ungleichheit. Und Grundeigentum, das der Renditesteigerung diene, greife «den sozialen Frieden» an.

Ein Befreiungsschlag! Man könnte den Beitrag schon beinahe als Fortsetzung der WOZ-Ausgabe zum diesjährigen 1. Mai verstehen (zur Erinnerung: Diese enthielt ein ganzes Dossier zur Frage der Enteignung). Daniel Jositsch möge sich fleissig Notizen machen.

Dass Fehr in ihrem Beitrag gleich dreimal die rhetorische Frage aufwirft, ob das jetzt wirklich «kommunistisch» sei, um diesem Vorwurf vorzubeugen – geschenkt. Funktioniert hats eh nicht. Die libertäre Twitter-Bubble befindet sich in Aufruhr. Sich durch deren trotzige Reaktionen zu scrollen, ist, man kann es nicht anders sagen: ein Träumchen.

Ganze drei Tweets war die Causa etwa dem Freisinnigen Alain Schwald wert, der Fehr unter anderem als «Feindin unserer Freiheit» bezichtigte und als Gegenargument gar einen überraschenden liberalen Gedanken ins Feld führte: Privateigentum, so Schwald, sei nämlich die Grundlage von Wohlstand!

Was in seinem Fall auch gar nicht so verkehrt ist. Schwald arbeitet in einem Familienunternehmen, das sein Urururgrossvater gegründet hat und das Tankstellen unter der Marke Avia betreibt. Der Verwaltungsratspräsident von Avia? Papa Schwald – so geht Wohlstand. Oder in den Worten von Schwalds Familienmotto (Quelle: Linkedin): «Foh d’Ball, gib se wyter!» Zu Deutsch vermutlich: Fang den Ball, gib ihn weiter!

Zeit, dass unsere Baldbundesrätin Jacqueline Fehr furchtlos dazwischenhechtet. Beim Kampf gegen das Privateigentum, schreibt sie am Ende ihres Blogbeitrags, gehe es eben darum, dass nicht ein paar wenige die Welt regieren könnten. Dem ist aus unserer Sicht wenig anzufügen. Nur so viel: Für Fehr würden wir vielleicht eine Ausnahme machen.