Tesla verlangt WOZ-Zensur

Der Autohersteller Tesla von Free-Speech-Apostel Elon Musk fordert Google dazu auf, einen teslakritischen WOZ-Artikel aus den Suchresultaten zu entfernen – wegen eines angeblichen Copyrightverstosses.

Vergangenen Donnerstag berichteten wir über den Widerstand gegen die «Gigafactory» in der Nähe von Berlin. Am Montag nun erreichte uns ein Mail von Google, in dem es heisst, dass der Artikel aus der Suche entfernt werde, sollte die WOZ nicht Einspruch dagegen erheben. Grund sei, dass bei dem Internetkonzern eine Urheberrechtsverletzung beanstandet worden sei – und zwar wegen dieses Fotos:

Protestbild aus einem Wald mit orangem Rauch und einem Schild, auf dem es «Stop Tesla» heisst.
Das Foto des Anstosses.  Foto: Axel Schmidt, Getty

Dabei geht es nicht um das Foto an sich, sondern um das auf diesem zu sehende handgezeichnete Schild mit dem Schriftzug «Stop Tesla». Da das «T» in «Tesla» dem offiziellen Firmenlogo nachempfunden ist, sei geistiges Eigentum entwendet worden.

Dieser Vorwurf ist selbst im Rahmen des US-amerikanischen Urheberrechts absurd. Dort heisst es nämlich explizit, dass das Zeigen eines geschützten Logos legal ist, wenn dies im Kontext etwa einer Demonstration oder von journalistischer Berichterstattung geschieht. In den Wirtschaftsteilen von Zeitungen kommt es fast täglich vor, dass Artikel über die Entwicklung von Unternehmen mit Fotografien bebildert werden, auf denen deren Logo zu sehen ist. 

Google hat in seiner Mitteilung an die WOZ alle Informationen über den oder die Urheber:in der Copyrightbeschwerde entfernt. Es kann sich dabei aber nur um Tesla oder eine von dem Autohersteller beauftragte Kanzlei oder Agentur handeln. Eindeutig geht dafür aus der Benachrichtigung hervor, dass gleich gegen mehrere Internetseiten im Paket vorgegangen wird: In der von Google bereitgestellten Auflistung findet sich die WOZ nämlich in illustrer Runde nicht nur mit OnlyFans, sondern auch weiteren auf die Verbreitung pornografischer Inhalte spezialisierten Portalen wieder. Offenbar ist man bei Tesla der Ansicht, dass linker Journalismus zumindest prickelnd ist.

Gerne hätten wir erfahren, warum das Unternehmen sich entschieden hat, unsere Berichterstattung ins Visier zu nehmen, ob man das unter Gesichtspunkten der Pressefreiheit für angemessen hält und ob man in Kalifornien nicht findet, dass es zumindest einen faden Beigeschmack hat, wenn eines der wertvollsten Unternehmen der Welt ein unabhängiges Medium aus der fernen Schweiz angeht, nachdem dieses kritisch berichtet hat. Eine entsprechende Anfrage liessen die Pressestellen von Tesla in den USA und Europa bis zur Publikation dieses Textes unbeantwortet.

So oder so verleiht der Umstand, dass der CEO von Tesla Elon Musk heisst, der Posse eine besondere Note. Musk zählt in den USA zu den lautstärksten Streiter:innen für das, was insbesondere die radikale Rechte für «free speech» hält. Als der Unternehmer 2023 den Kurznachrichtendienst Twitter aufkaufte, war eine seine ersten Amtshandlungen, das Konto Donald Trumps wieder zu reaktivieren: Der Expräsident war von Twitter verbannt worden, nachdem seine Anhänger:innen im Januar 2021 in Washington einen Putschversuch unternommen hatten. 

Zudem macht Musk höchstpersönlich immer wieder seine über 180 Millionen Follower:innen auf der Social-Media-Plattform darauf aufmerksam, wenn irgendwo auf der Welt ein Rechtsextremist seiner Meinung nach ungerecht behandelt wird («concerning»). Bleibt die Frage, ob der Tesla-Chef weiss, wie seine Firma gegen unabhängige Berichterstattung vorgeht – oder ob er das auch für «besorgniserregend» hält.

Unsere Einsprache ist in Arbeit. Bei Publikation dieses Textes ist der beanstandete WOZ-Artikel mitsamt Bild weiterhin über Google zu finden.