Was für ein Auftritt: Diesen frühen Donnerstagnachmittag lud die von Karin Keller Sutter eingesetzte Expert:innengruppe zur Medienkonferenz. Eine Frau und fünf Männer – letztere durchgehend im grauen Sakko und verstörend guter Laune. Die FDP-Finanzministerin hat das Gremium im Frühling einberufen – mit dem Auftrag, die Ausgaben des Bundes zu durchforsten und einen Vorschlag zur «Bereinigung der Bundesfinanzen» auszuarbeiten. Denn der Bundesrat rechnet, in erster Linie wegen der von ihm beschlossenen Mehrausgaben bei der Armee, in den nächsten Jahren mit einem Defizit von rund drei Milliarden Franken.
Die Vorschläge, die die beflissene Gruppe unter der Leitung des ehemaligen Gewerkschaftssekretärs Serge Gaillard präsentierte, würden nicht nur drei, sondern fünf Milliarden Franken an Einsparungen bringen. Die Gruppe – zu der auch Christoph Schaltegger, der libertäre Direktor des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik an der Uni Luzern, gehört (siehe WOZ Nr. 35 / 24) – will in praktisch allen Bereichen den Rotstift ansetzen: bei Klimasubventionen, der Krippenfinanzierung, bei der AHV, im Asylwesen, bei der internationalen Entwicklungszusammenarbeit, im Öffentlichen Verkehr. Gaillard trug dieses drastische Abbauprogramm mit offensichtlicher Freude am präzisen Eingriff vor. Verstörend aber auch: die absolute Fantasielosigkeit der Expert:innengruppe.
Die rigide Schweizer Form der Schuldenbremse – eine heilige Kuh. «Sie wirkt jetzt genau so, wie sie wirken soll.» Steuererhöhungen für Konzerne und Milliardäre? «Die Ausgaben anschauen ist immer besser, als die Steuern zu erhöhen.» Auch die vom Bundesrat geplante Erhöhung des Militärbudgets auf ein Prozent des BIP will die Kommission nicht in Frage stellen, «weil es da einfach Planungssicherheit braucht». Die Expert:innengruppe hat zwar auch einen Vorschlag erarbeitet, der ein langsameres Wachstum der Armeefinanzen vorsieht, doch sie «priorisiert» diesen nicht.
Eine schwarze Null wird die Schweiz nicht in eine ökologische und sozialverträgliche Zukunft steuern: Darüber sind sich Ökonom:innen jenseits des neoliberalen Dogmas längst einig. Und die Schweiz könnte sich die Investition in die Zukunft locker leisten: Die Schuldenquote ist im internationalen Vergleich äusserst tief. Alleine das Rückgängigmachen von Steuergeschenken der letzten Jahre würde Milliarden zusätzlicher Franken in die Bundeskasse bringen. Das hat nach der Pressekonferenz auch die SP in einem Positionspapier festgehalten. Der Bundesrat will bereits Ende September entscheiden, welche von den heute präsentierten Sparvorschlägen er weiterverfolgen will. Im Parlament steht nun eine lange, erbitterte Debatte bevor. Grundsätzliche Gegenwehr haben bislang nur die linken Parteien angekündigt.