Die Träume der Mirka F.

Endlich, sag ich nur, endlich, endlich, endlich hat ers geschafft! Oh my God, war das eine schwere Geburt – und mit Geburten kenn ich mich aus.

Seit vier Jahren, ach was, mindestens sechs, lebe ich mit DEM KNIE zusammen. Irgendwas tut ja immer weh beim Sport – vorher wars Rotschis Rücken. Die Kinder sind schon ganz zugespitzt drauf, wies ihm geht. «Papa, du hinkst wieder», sagt dann Charlene Riva – sie ist die Aufmerksamste von allen und schon sehr reif für ihr Alter. Und Lenny ganz süss: «Papi hat Aua!»

Die Fans haben ja immer nur den entschlossenen, den ruhigen Roger gesehen, aber was es jetzt gebraucht hat bis zu dieser Entscheidung, glaubt mir kein Mensch. Nächtelang hat er sich rumgewälzt wegen des Rücktritts, manchmal bin ich auf die Wohnzimmercouch gezogen, weil er so unruhig war. Und im Traum hat er dann ausgerufen: «Thirty – love!», oder: «Out!», manchmal auch: «Advantage Djoko!», und dann mit den Zähnen geknirscht. Er hat mir leid getan. Aber wenn ich gesagt hab, du hast doch alles, mach einfach Schluss – dann war bei ihm Schluss. Dann ging er sofort wieder trainieren. Schweigend.

Das ist jetzt vorbei – Gott seis getrommelt und gepfiffen, hat mein Grosi immer gesagt. Einer hat auf Twitter geschrieben, die Schuhmarke müsste jetzt OFF heissen. Ha ha! Sehr witzig! Unsere Familie braucht schliesslich auch weiter ein Auskommen. Was wir vor zwanzig Jahren mal mit einer eigenen Linie für Duschgel und Deo probiert haben, ging voll in die Hose.

Zum Glück ist der Rotschi ja noch Markenbotschafter. Solange wir unseren Espresso mit Jura machen, mit Sunrise telefonieren, unser Konto bei der Credit Suisse behalten, der Rotschi seine Rolex trägt, unser Familienauto ein Mercedes bleibt, wir abends Barilla-Teigwaren kochen, dazu Moët & Chandon trinken und zum Dessert eine Lindor-Kugel geniessen, mit Net Jets fliegen, unsere Uniqlo-Klamotten in den Rimowa-Trolley packen und weiterhin politisch absolut keine Meinung haben, läuft der Laden doch. Und die Wilson-Schläger nimmt der Rotschi ja auch privat.

«Meine Zeit kommt noch. Nach dem Tennis. Das haben wir so abgemacht», hab ich mal irgendwo gesagt. Jetzt bring ich erst mal die Kinder ins Bett.

Die WOZ-Zoo-Qualle Aurelia versetzt sich jede Woche in einen anderen Menschen und macht dessen Gedanken öffentlich. Letzte Woche hat sie der Welt gespiegelt, was die Queen bei ihrem letzten Atemzug gedacht hat.