Politikfinanzierung: Mehr Licht, bitte!
Drei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes für mehr Transparenz zeigt sich: Der Bedarf an Verbesserungen ist gross.
Seit 2022 sind im Bundeshaus vertretene Parteien gesetzlich verpflichtet, Einnahmen und Spenden offenzulegen, die bei über 15 000 Franken pro Person und Jahr liegen. Gemäss dem seither geltenden Gesetz müssen sie dabei auch die Namen der Spender:innen offenlegen. Dasselbe gilt für Budgets für nationale Wahl- und Abstimmungskampagnen ab 50 000 Franken.
Zu den neuen Regeln war es gekommen, weil linke und bürgerliche Parteien per Volksinitiative Druck aufgebaut hatten. Fürs Melderegister, das die Angaben der Parteien aufführt, ist die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) zuständig. Vor zwei Jahren veröffentlichte sie ihren ersten Bericht, seit Ende August liegt nun der zweite vor.
Eklatant, wenn auch nicht überraschend: Die grosse Mehrheit der finanziellen Zuwendungen an bürgerliche Parteien kam von Wirtschaftsverbänden und aus dem Finanzsektor – bei der SVP waren es gar achtzig Prozent aller angegebenen Einnahmen. So flossen 2024 allein 412 000 Franken von der UBS und 257 000 Franken von Economiesuisse an die rechtsnationale Partei. Exemplarisch zeigt sich das Finanzierungsmodell rechtsbürgerlicher Politik auch bei der Abstimmung über die Abschaffung des Eigenmietwerts vom kommenden Sonntag: Hier waren es kantonale Hauseigentümerverbände sowie der Schweizerische Verband der Immobilienwirtschaft, die über sieben Millionen Franken in die Kampagnenkasse legten. Dagegen steht den Gegner:innen der Eigenmietwertsabschaffung nicht einmal eine halbe Million zur Verfügung.
Krasses Zerrbild
So erhellend manche Zahlen im öffentlich einsehbaren Register sind: Die gesetzlichen Grundlagen reichen bei weitem nicht, um eine hinreichende Transparenz sicherzustellen. So kann erstens die Herkunft der Gelder verschleiert werden, wenn sie die Grossspender:innen über Gönnervereine an die Parteien transferieren lassen (siehe WOZ Nr. 38/23). Zweitens muss die EFK zwar Prüfberichte erstellen, ist aber nicht dazu verpflichtet, diese (und damit auch unkorrekte Angaben, die sie bei den Stichproben entdeckte) öffentlich zugänglich zu machen – selbst wenn ein Verdacht auf einen strafrechtlich relevanten Verstoss gegen die Offenlegungspflichten besteht. Drittens kann die EFK nur Stichproben machen und ist dabei auf die Bereitschaft der politischen Akteure zur Zusammenarbeit angewiesen. Und viertens gefährdet die Tatsache, dass die EFK das Melderegister sowohl kontrolliert als auch erstellt (statt diese Aufgabe etwa der Bundeskanzlei überlassen zu können), ihre Unabhängigkeit als Aufsichtsbehörde.
Es gibt noch weitere Punkte bei der jetzigen Regelung, die echte Transparenz verhindern: Da die Mitgliederbeiträge der bürgerlichen Parteien ganz oder zum grösseren Teil an ihre kantonalen oder kommunalen Sektionen fliessen und damit nicht offenlegungspflichtig sind, ergibt sich ein krasses Zerrbild. So kommt es, dass die SP für das Jahr 2024 mit rund 8,2 Millionen Franken den mit Abstand höchsten Gesamtbetrag verzeichnet, wobei sich allein über 2 Millionen Franken aus Mitgliederbeiträgen zusammensetzen. Derweil liessen sich die FDP mit 3,4, die SVP mit 2,8 und die Mitte mit 2,6 Millionen Franken an Gesamteinnahmen registrieren. Bezüglich der Finanzierung von Abstimmungskampagnen nicht sonderlich transparenzschaffend ist überdies, dass die Parteien ihre Kampagnen oft über externe Komitees abwickeln.
Evaluation steht an
Ob all diese Defizite bald zu einer weiteren Revision führen, wird sich zeigen. Das Bundesamt für Justiz hat bereits eine Evaluation des Gesetzes in Auftrag gegeben. Die Frage, inwieweit die Öffentlichkeit ein Recht auf Einblick in die Prüfberichte der EFK und darin als falsch erwiesene Angaben von Parteien hat, soll derweil vom Bundesverwaltungsgericht geklärt werden – auf Verlangen des «Beobachters» und des Recherchekollektivs WAV, die 2024 zusammen mit Michel Huissoud, dem früheren EFK-Direktor, per Öffentlichkeitsgesetz Einsicht in alle Prüfberichte forderten.
Die EFK selbst lehnte das Gesuch ab – obwohl auch der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte die Herausgabe befürwortete. Die Geheimhaltung der Prüfberichte begründet die EFK damit, dass das vom Parlament so vorgegeben worden sei. Demnach seien «die politischen Akteurinnen und Akteure und nicht die Kontrollstelle für die Richtigkeit der offengelegten Angaben verantwortlich».
Das neben dieser vom Parlament beschlossenen Geheimhaltungspflicht wohl grösste Defizit bezüglich Transparenz ist die noch immer bestehende Möglichkeit, Grossspender:innen, die Parteien, Abstimmungs- oder Wahlkampagnen über Gönnervereine unterstützen, nicht namentlich nennen zu müssen.
Gemäss Recherchen der NGO Lobbywatch flossen in den vergangenen zwei Jahren 3,7 Millionen Franken über 25 solche Gönnervereine in die nationale Politik. So wanderten die Gelder über 12 solche Verschleierungswege in die FDP, über 7 in die SVP und über 4 in die Mitte. Dabei bleibt auch die Herkunft vieler Spenden, die nach links flossen, im Dunkeln, da die meisten davon unter 15 000 Franken lagen.
«Erwarten klare Antworten»
Die EFK scheint sich der Problematik bewusst zu sein. So hat sie im vergangenen Mai aufgrund der auffällig verbreiteten Zuwendungen über Vereine im ersten Berichtsjahr alle Parteien in einer präzisierten Wortwahl noch einmal speziell auf die diesbezüglich geltende Offenlegungspflicht hingewiesen. Die Rechtslage ist klar: War der Wille eines Grossspenders, dessen Geld über einen Verein zur Partei gelangte, eindeutig deren Unterstützung, handelt es sich um eine Parteispende. Ob dieser Wille vorhanden war oder nicht, muss laut EFK «für die Partei mit verhältnismässigem Abklärungsaufwand erkennbar gewesen sein».
Ob die mahnenden Worte der Finanzkontrolle tatsächlich bereits Wirkung zeigten, wie der «Beobachter» Anfang September vermutete, lässt sich kaum belegen. Auffallend jedoch ist, dass im Register für 2024 nur noch eine Spende eines Vereins von über 200 000 Franken aufgeführt ist. 2023 kamen laut Lobbywatch noch fast 1,5 Millionen Franken über Vereine in die Parteien.
Zwischenfazit drei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes: Die Transparenz zur Politikfinanzierung in der Schweiz ist noch immer stark verbesserungswürdig. Roméa Alonso, wissenschaftliche Mitarbeiterin von Transparency International Schweiz, erhofft sich vom Bundesamt für Justiz eine ausführliche Analyse davon, was funktioniert und wo es Probleme gibt. «Damit hätten wir wichtige Informationen, um die Transparenz in der Politikfinanzierung auf Bundesebene gezielt zu verbessern. Auch vom Entscheid des Bundesgerichts erwarten wir uns eine klare Antwort.»
Einsicht ins Melderegister: efk.admin.ch