Durch den Monat mit Guy Krneta (4) : Ist Kulturpolitik nicht sehr mühsam?

Nr. 51 –

Guy Krneta erzählt, wie er vom Theater ausgehend zum Kulturpolitiker und Netzwerker wurde, das Schweizer Literaturinstitut in Biel mitbegründete, und weshalb Basel noch nicht gerettet ist.

Guy Krneta: «Viele Politiker, gerade auf bürgerlicher Seite, wissen überhaupt nicht, wie Künstlerinnen und Künstler leben und arbeiten.»

Herr Krneta, schreiben Sie eigentlich auch Weihnachtsgeschichten?
Guy Krneta: Zwei- oder dreimal wurde ich von Tageszeitungen angefragt. Aber das war immer so kurz vor Weihnachten, dass ich es nie geschafft habe, mit der Geschichte rechtzeitig fertig zu werden. Immerhin haben die Anfänge dann zu zwei Geschichten geführt, die in das «Winnetou Bühler»-Programm mit Greis & Apfelböck eingeflossen sind.

Wie ist es zu dieser Zusammenarbeit mit dem Rapper Greis und dem Musiker Apfelböck gekommen?
Jürg Halter, also Kutti MC, hat uns vor acht Jahren für einen gemeinsamen Auftritt zusammengebracht. Bei einem nächsten Auftritt in der Berner Reithalle kam Apfelböck dazu. Dann verselbstständigte sich die Zusammenarbeit. Wir wurden zu dritt angefragt, haben für- und miteinander zu schreiben begonnen. Es entstand ein ganzes Programm und die CD «Winnetou Bühler».

Die Arbeit und der Austausch mit anderen Künstlern – über die Theater- und Literaturszene hinaus – scheint Ihnen sehr wichtig zu sein.
Ja, der ist für mich wesentlich. Ich lebe und arbeite aus dem Gespräch heraus, aus der Auseinandersetzung mit anderen. Den Geniekult halte ich für völlig überholt. Darum ist mir auch ein Arbeitszusammenhang wie das Spoken-Word-Ensemble «Bern ist überall» so wichtig oder eben Greis & Apfelböck.
Eine bedeutende Erfahrung, wo ich auch mit den Grenzen und Gefährdungen eines Kollektivs konfrontiert wurde, war sicher die Zeit mit dem Theater Marie in Aarau. Ich kam damals, 1996, vom hierarchisch strukturierten Stadttheater zum professionell organisierten freien Theater. Das war die Art, wie ich Theater machen wollte: gemeinsam mit allen Beteilig­ten und möglichst nah am Publikum. Doch das Theater steckte in strukturellen und finanziellen Problemen. Das Ensemble war ausgedünnt. Wir mussten neue Organisationsmodelle entwickeln, Geld beschaffen. Damals habe ich begriffen, wie wichtig kulturpolitisches Engagement ist. Es ist uns dann gelungen, das Theater Marie wiederaufzubauen und einem neuen Team zu übergeben. Nicht zuletzt diese Erfahrung hat mich dazu gebracht, Kultur­management zu studieren.

Ich stelle mir Kulturpolitik als ziemlich mühsame Sache vor: Klinken putzen, Allianzen schmieden, kulturfremde oder -verdrossene Politiker überzeugen. Der ganze politische Prozess …
Ich mag die Auseinandersetzung, auch mit Politikern. Viele von ihnen, gerade auf bürgerlicher Seite, wissen ja gar nicht, wie Künstlerinnen und Künstler leben und arbeiten. Die meinen, Kunstschaffende könnten einfach öffentliche Gelder abholen. Dabei gibt es kaum eine Berufsgruppe, deren Tätigkeitsfeld so vielfältig ist wie das von freischaffenden Künstlerinnen und Künstlern – die dabei kaum soziale Sicherheiten haben.

Haben Sie deshalb Kulturmanagement studiert?
Mich interessiert es, wie künstlerische Prozesse organisiert sind. Ich glaube, dass die Bedingungen, unter denen Kunst entsteht, wesentlich sind für das, was überhaupt entstehen kann. Es ist vielleicht kein Zufall, dass ich mich quasi als Folge meines Nachdiplomstudiums mit der Idee einer professionellen Schreibausbildung beschäftigt habe.

Dank dieser Idee und der dazugehörigen Diplomarbeit hat die Schweiz seit vier Jahren ein Literaturinstitut in Biel.
Ja, sie war der Auslöser und die Grundlage für unsere Projektarbeit. Zuvor hatte ich mich im Bereich Dramatikerförderung engagiert. Im Zusammenhang mit der Diplomarbeit, die ich im Herbst 2002 in Angriff nahm, wollte ich einen Schritt weiter gehen, auch Lyrik, Prosa und literarische Übersetzung einbeziehen. Deshalb führte ich Gespräche mit den Direktoren der Kunst- und Musikhochschulen in Bern und ­Zürich sowie Verantwortlichen der Uni Lausanne. In einem gemeinsamen Gespräch, zu dem der Verband Autorinnen und Autoren der Schweiz einlud, entwickelten wir die Eckdaten: eine nationale, mehrsprachige Ausbildungsstätte sollte es sein, in einer bi­linguen Stadt. Darauf basierend schrieb ich meine Arbeit und leitete die rund zweijährige Vorprojektphase, auf der die eigentliche Projektarbeit aufbauen konnte.

Wie fällt Ihre Bilanz nach den ersten Jahren aus?
Ich bin begeistert vom Literaturinstitut, nach wie vor, auch wenn meine Arbeit mit dem Start des Instituts eigentlich abgeschlossen war. Aber ich höre viel Gutes, spreche mit den Dozierenden. Und ich freue mich natürlich über die vielen erfolgreichen Abgängerinnen und Abgänger, allen voran über Arno Camenisch, der jetzt auch Mitglied von «Bern ist überall» ist.

Kommen wir abschliessend nochmals auf die Situation rund um die «Basler Zeitung» zu sprechen. Wie geht es weiter mit der von Ihnen mitinitiierten Aktion «Rettet Basel!»?
Die Aktion geht weiter. An der inhaltlichen Ausrichtung der «Basler Zeitung» hat sich nichts geändert. Chefredaktor Markus Somm dekliniert seine Denkschablonen und schleust weitere «Weltwoche»-Kollegen ein. So wird die Region nicht abgebildet. Basel braucht eine Alternative.