Kommentar: Die Krankenkassen schimpfen schon laut

Nr. 42 –

Er tut, was er kann, Gesundheitsminister Alain Berset. Letzte Woche stellte der SP-Bundesrat seinen Gegenvorschlag zur Initiative «für eine öffentliche Krankenkasse» vor. Die InitiantInnen haben Berset nicht gelobt. Wozu sollten sie auch? Politik läuft anders. Sie kritisieren den Gegenvorschlag als «zu halbherzig» und halten an der Initiative fest. Das ist richtig so.

Trotzdem enthält der Vorschlag bemerkenswerte Ideen. Berset will die unheilvolle Verbindung zwischen Grund- und Zusatzversicherung kappen. Denn wenn Zusatzversicherungen an die Grundversicherung geknüpft sind, kann man Letztere nicht wechseln, ohne zu riskieren, die Zusatzversicherung zu verlieren. Durch solche Hintertürchen wird die Grundversicherung heimlich kommerzialisiert. Ein bösartiger Trick, denn eigentlich dürfte das gar nicht sein.

Berset will diese Türchen zumauern. Die Krankenversicherer schimpfen schon laut. Berset hat offenbar die richtige Stelle getroffen.

Der nächste Punkt: die guten und die schlechten Risiken, über die man noch Wettbewerb inszenieren kann. Keine Krankenkasse will die «schlechten Risiken», wie man die alten und kranken KundInnen nennt. Alle wollen die «guten», die jungen und gesunden, die Prämien zahlen und nie eine Ärztin brauchen. Berset möchte das Problem durch einen besseren Risikoausgleich entschärfen. Sauber liesse sich das nur lösen, wenn alle Mittel der Grundversicherung in einen Topf fliessen würden, aus dem sämtliche Leistungen bezahlt werden. So wie das bei der Unfallversicherung Suva der Fall ist und wie es bei einer öffentlichen Krankenkasse wäre.

Nach Bersets Vorschlag müssten die Kassen nur noch einen geringen Teil der teuren Behandlungen bezahlen. Der Rest würde aus einem Rückversicherungstopf kommen, den alle speisen müssten. Doch ab welcher Schwelle gilt eine Behandlung als teuer? Berset sprach von einer Summe zwischen 5000 und 20 000 Franken – wobei man sich Richtung 5000 bewegen möchte. 5000 Franken wäre gut, sehr gut. Denn auch ein «gutes Risiko» kann schnell 5000 Franken Kosten verursachen. Die Grenze zwischen «gut» und «schlecht» löste sich auf, die Jagd nach «guten Risiken» würde sinnlos.

Das ist nicht revolutionär, aber strategisch und schlau.