Solarwirtschaft in der Krise: Die Kunst, Sonnenlicht zu ernten

Nr. 47 –

Binnen zwei Jahren wurde der Solarmarkt auf den Kopf gestellt, weil China die Welt mit günstigen Panels überschwemmt. Die Branche ist in der Krise, was aber auch sein Gutes hat: Die Solarenergie hat ihr Freak-Image abgelegt und ist wettbewerbsfähiges Massengut geworden.

Grätzel-Zelle in der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa): Die Solarzelle der Zukunft, die Sonnenlicht mittels verschiedener organischer Farbstoffe in Strom umwandelt.

Olivier Carnal nennt es «das grosse Massensterben». Ihn hat es auch erwischt. Der Physiker wurde vor drei Jahren Leiter von Von Roll Solar. Effiziente, dünne Solarzellen sollte er produzieren. Von Roll war bekannt als Giesserei, dieses Geschäft wurde jedoch schon vor Jahren abgestossen. Nach der Jahrtausendwende ging das Unternehmen fast bankrott, orientierte sich neu und produziert heute Komponenten für die Energiewirtschaft wie etwa Isolatoren.

Baron August von Finck, einer der reichsten Männer Deutschlands, kontrolliert Von Roll. Er besitzt das Schloss von Weinfelden und pflegt gute Beziehungen zur Thurgauer Regierung. Deshalb wurde Von Roll Solar in Tägerwilen angesiedelt, einem hübschen Dorf gleich hinter Kreuzlingen. Von Roll versprach bei der Gründung der Solartochter, hundert Arbeitsplätze zu schaffen. Sie hätte die dünnen Solarzellen in Serie produzieren sollen. Doch dazu ist es nie gekommen.

Im März dieses Jahres fällte die Von-Roll-Leitung den Schliessungsentscheid. Carnal hatte nur wenige Wochen, um Investoren zu finden. Im Juni hätte es fast geklappt, doch dann stiegen die Interessenten wieder aus. Darüber darf er nicht reden – über das Solargeschäft, das binnen zwei Jahren weltweit auf den Kopf gestellt wurde, aber schon.

Carnal holt aus zum Crashkurs über die Kunst, Sonnenlicht zu ernten. Fotovoltaikmodule sind Erntemaschinen. Ihre maximale Leistung wird in Watt Peak angegeben, kurz Wp. Watt steht für Energie pro Zeit – ein Leistungssportler bringt es auf 200 Watt. Früher rechnete man in Pferdestärken. Eine bildhafte Einheit, die vor 200 Jahren sofort allen klarmachte, was Dampfmaschinen leisten. Eine Pferdestärke entspricht gut 700 Watt.

Maschinen müssen wie Pferde gefüttert werden. Am einfachsten ist es, ihnen als Treibstoff Erdöl zu geben, das ja nichts anderes als «fossiles Gras» ist – Überreste von Pflanzen, die vor Jahrmillionen in den Meeren gediehen und tief im Gestein verrotteten. Doch das praktische Erdöl macht das Klima kaputt. Eleganter ist es, die Sonne zu nutzen. An einem schönen Tag liefert sie 1000 Watt pro Quadratmeter. Solarzellen sammeln diese Energie. Die besten schaffen es, gegen zwanzig Prozent in Strom umzusetzen, das sind dann 200 Watt – das nennt sich Watt Peak, die absolute Spitzenleistung dieser Zelle.

Die Siliziumzelle ist heute die Königin der Solarzellen. Gut achtzig Prozent aller Solarmodule, die weltweit installiert sind, basieren auf dieser Technologie. Silizium ist ein Quarz und in rauen Mengen verfügbar. Man muss es aber mit einem aufwendigen Verfahren aus dem Gestein herausholen, was grosse Mengen Energie verschlingt. Vor wenigen Jahren war reines Silizium noch ein knappes Gut und kostete 500 Dollar pro Kilogramm.

Silizium ist weder Stein noch Metall. Es sieht aus wie Silber und fühlt sich an wie ein Felsbrocken. Man braucht den Wunderstoff in der Halbleiterindustrie und stellt damit Speicherchips her. Ohne Silizium gäbe es keine Computer.

Olivier Carnals Solarzelle arbeitete nicht mit Silizium. Sie basierte auf einer Mischung aus Cadmium und Tellurid, weshalb man sie «CdTe-Zelle» nennt. Man konnte das Gemisch mit einer Druckmaschine auf eine flexible Unterlage drucken. Danach wurde sie bei hohen Temperaturen gebacken, und fertig war die Zelle. Das simple Verfahren war der Trumpf der Von Roll Solar.

Ein Siliziumpanel wiegt normalerweise pro Quadratmeter bis dreissig Kilo. Nicht jedes Dach hält diese Last aus. Dasjenige von Carnal hätte nur noch zwei Kilo gewogen. Die CdTe-Zellen sind auch genügsamer und müssen nicht exakt nach der Sonne gerichtet werden, um einen guten Ertrag zu bringen. Zudem halten sie hohe Temperaturen aus. Das mag seltsam klingen, doch die gewöhnlichen Panels lieben es nicht, wenn es zu warm wird. Am Mittag kann es auf einem Dach achtzig Grad heiss werden, dann gehen die Siliziumpanels langsam in die Knie und liefern weniger statt mehr Strom.

Die Preise stürzten ab

Oliver Carnals Prototyp hatte viele Trümpfe, und es fehlte nicht mehr viel, und sie hätten in Tägerwilen mit der Produktion beginnen können. Doch dann machte ihnen China einen Strich durch die Rechnung. Die chinesische Regierung hatte die üppigen Fördergelder gesehen, die im Westen in den Solarmarkt flossen. Sie beschloss, bei diesem Geschäft mitzumischen, und baute in kürzester Zeit die Siliziumproduktion massiv aus. Der Preis sackte von 500 Dollar zeitweilig auf 35 Dollar pro Kilogramm ab.

Die chinesischen Solarpanelfabriken holten westliches Know-how und Maschinen ins Land. Dank günstiger Kredite aus dem Staatsfonds gediehen sie prächtig, und die Preise für Panels verfielen rasant: Zahlte man vor vier Jahren für ein europäisches Panel 3,40 Euro pro Watt Peak, kostet heute ein vergleichbares chinesisches noch etwa 60 Cent.

Da konnte Von Roll nicht mithalten. Man hätte über zehn Millionen investieren müssen, um serienmässig mit der Produktion der CdTe-Zellen zu starten. Doch Von Roll hatte wirtschaftlich ohnehin zu kämpfen und wies im letzten Jahr kaum Gewinn aus. Das CdTe-Abenteuer lag da nicht mehr drin.

Auch OC Oerlikon trennte sich in diesem Frühjahr von ihrer Solarfirma. Oerlikon Solar produziert in Trübbach im St. Galler Rheintal Dünnfilm-Solarzellen. Diese Zellen enthalten allerdings kein Cadmiumtellurid, sondern Silizium, das als dünne Schicht auf Glas aufgebracht wird. OC Oerlikon konnte die Solartochter an die japanische Tokyo Electron Limited (TEL) verkaufen, produziert wird weiterhin in Trübbach.

Von Roll Solar hätten die Japaner nie übernommen, sagt Carnal. Und zwar wegen des Cadmiums. Das weiche, silbrig glänzende Metall ist hochgiftig. Olivier Carnal sagt: «Sobald die Leute Cadmium hören, wird es schwierig.» Japan hat damit bittere Erfahrungen gemacht. Cadmium fällt bei der Gewinnung von Zink an. In einer Region ass die Bevölkerung jahrelang Reis, das mit Wasser bewässert wurde, das wegen einer Mine mit Cadmium verseucht war. Die Menschen litten an enormen Schmerzen, ihre Knochen wurden weich, die Nieren versagten. Das Leiden ging als Itai-Itai-Krankheit in die Geschichte ein. Die Umweltvorschriften wurden verschärft. Es wäre deshalb kaum möglich, in Japan CdTe-Solarzellen auf den Markt zu bringen.

Carnal sagt, die Panels seien sicher. In der Verbindung mit Tellurid sei Cadmium auch nicht mehr giftig. Zudem würden die Zellen sehr viel höhere Temperaturen als andere Stoffe aushalten, weshalb selbst bei einem grossen Feuer keine gefährlichen Stoffe freigesetzt würden. «Cadmium ist ein Abfallprodukt», sagt Carnal, «wir wollten es nutzen, und das ist doch sinnvoll – sonst müsste es in einer Deponie entsorgt werden.»

Carnal konnte niemanden davon überzeugen. Im Sommer haben alle zwölf Von-Roll-Solar-MitarbeiterInnen ihren Job verloren. Auch er sucht seither eine neue Stelle und glaubt nicht, dass er weiterhin in der Solarbranche tätig sein wird.

Massive Überkapazitäten

Die Bank Sarasin hat Ende 2011 in einem Solarreport ausgebreitet, in welchem Elend die Branche steckt. 2010 war noch ein Jubeljahr, man verzeichnete ein Wachstum von über 170 Prozent. Weltweit wurden Panels mit einer Leistung von 20,3 Gigawatt (GW) installiert, total waren 60 GW in Betrieb. Ein Atomkraftwerk wie Gösgen bringt es auf 1 GW. Doch an der Börse verloren die Solartitel schon tüchtig an Wert.

Dann kam es im März 2011 zum dreifachen Super-GAU in Fukushima. Das hätte das Geschäft beflügeln müssen. Die Titel zogen an der Börse tatsächlich an. Doch schon Ende April war es mit der Euphorie vorbei. Die Titel sackten erneut ab, und viele europäische und US-amerikanische Firmen schlitterten an den Rand des Abgrunds, weil sie mit den günstigen Produkten aus China nicht mithalten konnten. Qualitativ sind inzwischen viele chinesische Module den hiesigen ebenbürtig, da sie ebenfalls mit westlichen Maschinen produziert werden.

Sarasin hat auch untersucht, wie nachhaltig die Firmen wirtschaften. Am besten schnitt dabei das deutsche Unternehmen Solarworld ab. Die Firma ist inzwischen böse ins Trudeln geraten. Schon im letzten Jahr hat Solarworld bei einem Umsatz von einer Milliarde einen Verlust von 233 Millionen Euro ausgewiesen. In diesem Jahr sieht es nicht besser aus.

Das US-Unternehmen First Solar wurde von Sarasin ebenfalls sehr gut bewertet. Es steht aber ebenso unter Druck und hat im Frühjahr beschlossen, sein Werk in Frankfurt an der Oder bis Ende des Jahres zu schliessen. 1200 MitarbeiterInnen werden ihren Job verlieren.

Unter den sechs besten Solarfirmen sind drei chinesische aufgelistet, wobei die Yingli Solar sogar beste Umweltnoten bekommt. Man kann also nicht generell behaupten, die chinesischen Firmen kümmerten sich nicht um die Umwelt. Manche tun es, andere scheren sich keinen Deut darum – wie diverse europäische und US-amerikanische Solarzellenhersteller auch.

Laut Sarasin gibt es massive Überkapazitäten: Man könnte Solarzellen mit einer Leistung von fünfzig GW herstellen – pro Jahr werden aber draussen auf den Dächern und Feldern nur zwanzig GW neu montiert. Das grosse Sterben ist also kaum zu Ende, es dürfte noch manche Solarfirma bankrottgehen.

Schutzzölle ja oder nein?

Meyer Burger Technology ist das grösste Fotovoltaikunternehmen der Schweiz. Es wies im letzten Jahr einen Umsatz von 1,3 Milliarden Franken aus und hat weltweit rund 2500 Beschäftigte, 700 davon in der Schweiz. Den Hauptsitz hat Meyer Burger in Thun. Das Unternehmen bietet von diamantbestückten Spezialsägen, die dicke Siliziumblöcke in feine Scheiben schneiden, bis hin zu gebäudeintegrierten Solarsystemen alles an.

Auch Meyer Burger bekam die Krise zu spüren. Der Umsatz brach im ersten Halbjahr ein, der Aktienkurs steht zurzeit auf einem Rekordtief, der Personalbestand soll weltweit um fünfzehn Prozent reduziert werden.

Patrick Hofer ist bei Meyer Burger zuständig für den Bereich erneuerbare Energien. Die Konsolidierungsphase in der Solarwirtschaft sei schmerzhaft, sagt er. Von Schutzzöllen, wie sie die USA eingeführt haben, um ihre Solarfirmen vor der chinesischen Konkurrenz zu schützen, hält er aber wenig: «Solche Zölle verhindern, dass die Kosten weiter sinken und man eine höhere Effizienz erzielen kann. Damit wird auch verhindert, dass man global günstig Solaranlagen bauen kann. Das ist aber dringend nötig – und dazu braucht es den freien Handel.»

Die Fotovoltaik habe längst die Nische verlassen und sei zu einem Massenmarkt geworden, der in Zukunft zu den wichtigsten Märkten überhaupt gehören werde. China ist für Meyer Burger volumenmässig der wichtigste Absatzmarkt, aber auch Vietnam, Indien oder Südafrika seien grosse Zukunftsmärkte. Die Schweiz sei vom Umsatz her vernachlässigbar, doch sei sie wichtig als Referenzmarkt: «Hier zeigen wir, was wir können, und hier finden wir das nötige Fachpersonal.» – «Noch», fügt er an.

Bundesrat bestraft Fotovoltaik

Das «noch» hat mit der Energiepolitik des Bundes zu tun. Die Energiestrategie des Bundesrats finde er gut, sagt Hofer. Schwierig sei aber, wenn die Solarwirtschaft blockiert würde – wenn die Fördermassnahmen für die Fotovoltaik bis 2020 auf 520 Megawattstunden beschränkt würden, wie das die Strategie vorsieht. «Das wäre sehr schlecht.» Der Branche würde der Stimulus fehlen, «die Motivation wäre weg, in der Fotovoltaik eine Ausbildung zu machen und die Technologie weiterzuentwickeln. Dann fehlten uns bald die Fachkräfte.» Noch verbreitet Hofer Optimismus. Er sei überzeugt, dass man 2020 sicher mehr als die 520 Megawattstunden Solarstrom habe. Es gehe ja nicht nur um die Solar-, sondern um die gesamte Cleantech-Industrie, um die Steigerung der Energieeffizienz und wie wir mit erneuerbaren Ressourcen unsere Energiebedürfnisse befriedigten. Was die Schweiz mit der Pharmaindustrie geschaffen habe, könne sie auch mit Cleantech erreichen.

Andere sind richtig zornig über die Solarpolitik des Bundes, zum Beispiel der Architekt Reto Miloni, der im Aargau auf die Installation von Fotovoltaikanlagen spezialisiert ist. Er kann nicht verstehen, warum alle von der Energiewende reden und gleichzeitig der Solarstrom bestraft werden soll.

Dabei geht es unter anderem um die sogenannte kostendeckende Einspeisevergütung (KEV). Sie wurde vor drei Jahren eingeführt und versprach allen einen kostendeckenden Preis für Anlagen, die sauberen Strom bereitstellen. Im KEV-Topf befinden sich rund 600 Millionen Franken, die verteilt werden können.

Das meiste Fördergeld fliesst in Wasserkraft-, Wind- oder Biogasanlagen, die vor allem von den grossen Energieunternehmen gebaut werden. Die Solaranlagen profitieren nur eingeschränkt von der KEV, weil ihr Zubau limitiert wurde, was sich «Deckelung» nennt. Die ersten bewilligten KEV-Solarprojekte erhalten jedoch fürstlich Geld – zusätzlich fünfzig bis neunzig Rappen pro eingespeiste Kilowattstunde, garantiert über 25 Jahre. Das ist eine grosse Subvention, die eine Rendite liefert, die man sonst kaum erzielen kann.

Alle weiteren Solarprojekte landen jedoch auf einer Liste und müssen warten, bis irgendwann vielleicht zusätzliche Gelder eingespeist werden. Aktuell profitieren Solaranlagen, die zusammen gut 100 Megawattstunden liefern, von der KEV. Tausende von Projekten stehen auf der Warteliste, die zusammen weitere 800 Megawattstunden liefern würden. Das bundesrätliche Ziel für 2020 wäre heute schon fast doppelt erfüllt, wenn man alle bauen liesse, die heute bauen möchten.

Aber solange das Geld nicht kommt, herrscht Krampfstarre. «Das führt dazu, dass wir zehn Anlagen projektieren, am Ende aber vielleicht eine bauen können», sagt Architekt Reto Miloni. Die Deckelung sei verheerend: «Ich habe vor einigen Tagen Walter Steinmann, den Chef der Bundesamts für Energie, getroffen. Ich habe ihn gefragt, ob ihm bewusst sei, dass die Mehrfachdeckelung für die Solarbranche das Todesurteil bedeute. Zynisch hat er geantwortet, das sei ein Überhitzungsschutz, man wolle warten, bis die Panels noch günstiger würden.» Absurd sei das, kritisiert Miloni: «Die Module sind so billig geworden – eine Kilowattstunde Solarstrom kostet jetzt nur noch zwanzig Rappen. Der Preis der Panels macht noch rund 25 Prozent der Gesamtkosten einer Anlage aus – der grosse Rest wird für Planung, Gerüstbau, Gebühren und Installation ausgegeben.» Geld für Arbeit, die vor Ort geschieht.

«Wir haben doch gelernt, dass in der Marktwirtschaft Produkte nicht billiger werden, wenn man sie nicht kauft», sag Miloni. Seine These: «Die grossen Energiekonzerne wie Axpo, Alpiq oder BKW haben überhaupt kein Interesse am solaren Zubau, weil sie Grosskraftwerke bauen und ihre Monopolsituation schützen wollen. 2018 laufen die Lieferverträge für französischen Atomstrom aus – da bräuchte man schon mehr Solarstrom. Wenn er aber nicht bereitsteht, ist man legitimiert zu sagen: Jetzt müssen wir halt doch neue Gaskraftwerke bauen!» Trocken fügt er an: «Nur in den ex-sowjetischen Republiken wird so wenig Fotovoltaik zugebaut wie im Axpo-Land. Aber selbst die Russen legen aktuell zu.»

Nordkoreanisches Atomprogramm? Nein, unter der Aluhülle steckt ein Vakuumgerät, in dem die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt die möglichst effiziente Produktion von dünnen Solarzellen testet.

Zuwarten ist sinnlos. Die Panels werden nicht mehr viel günstiger. Sinnvoll wäre, jetzt kontinuierlich Fotovoltaikanlagen zu fördern – und nicht unverbindliche Pläne für 2035 bis 2050 zu entwerfen, wie das der Bundesrat tut. Mit diesen Planspielen wird verhindert, dass die Energiewende jetzt angegangen wird.

Die dunkle Seite der Sonnenenergie

Die Bereitstellung von Silizium für den Bau von Solarpanels verschlingt viel Energie und setzt einiges an CO2 frei. In unseren Breitengraden muss eine Solarzelle rund zwei bis drei Jahre in Betrieb sein, um den Strom zu produzieren, den ihre Herstellung verbrauchte. Zellen, die mit Wasserkraft produziert werden, haben natürlich eine bessere CO2-Bilanz als chinesische, die vorwiegend mit Kohle- oder Atomstrom erzeugt werden.

Die Herstellung von Solarzellen erfordert zudem einen grossen Chemieeinsatz. Die US-amerikanische Silicon Valley Toxics Coalition beschäftigt sich seit Jahren kritisch mit der Umweltbelastung durch die Elektronikindustrie. Sie hat auch ein Papier für eine «gerechte und nachhaltige Solarindustrie» publiziert, das einen Istzustand beschreibt, der nicht nur erfreulich ist. Bei der Herstellung der Zellen kommen hochtoxische Stoffe zum Einsatz. Das wird gefährlich, wenn ArbeiterInnen schlecht geschützt sind, wenn Abfall falsch entsorgt wird oder es in einer grossen Fabrik zu einem schweren Unfall kommt. Die Koalition stellt deshalb im Bereich des ArbeiterInnenschutzes und des Recyclings eine Reihe von Forderungen auf, um dafür zu sorgen, dass grüne Energie keine «Dreckjobs» schafft.

http://svtc.org/

Forschung : Die Solarzelle der Zukunft

Die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) in Dübendorf forscht intensiv im Bereich Fotovoltaik. Eine von ihr entwickelte Dünnschichtzelle hält heute den Weltrekord bezüglich Wirkungsgrad: Sie schafft es, 18,7 Prozent des Sonnenlichts in Strom umzuwandeln. Es ist eine sogenannte CIGS-Zelle, die auf einem Gemisch aus Kupfer, Indium, Gallium und Selen basiert, das auf eine hauchdünne Folie aufgebracht wird. Daneben arbeitet die Empa aber auch mit Zellen, die Cadmiumtellurid enthalten, den sogenannten CdTe-Solarzellen (vgl. Haupttext). Die hohe Kunst ist es, ein Produktionsverfahren zu entwickeln, das umweltfreundlich, kostengünstig und effizient ist. Im Bild auf dieser Seite sieht man eine Forschungsanlage, in der im Vakuum und unter hohen Temperaturen getestet wird, wie sich die CIGS-Mischung am besten auf eine dünne Folie aufdampfen lässt.

Die Empa beschäftigt sich im Weiteren mit der sogenannten Grätzel-Zelle, die aus organischen Stoffen hergestellt wird (vgl. Bild auf Seite 15). Hier werden verschiedene Farbstoffe verwendet, um das Licht in Strom umzuwandeln. Die Zellen sind durchsichtig und besitzen von daher je nach Farbstoff eine andere Farbe. Noch sind diese Dünnschichtzellen zu teuer und werden nicht im grossen Stil produziert. Sie dürften sich aber in Zukunft durchsetzen, weil sie vielfältiger eingesetzt werden können als die günstigen Siliziumzellen. Dank Nanotechnologie experimentiert man bei der Empa sogar damit, mittels Plastik Sonnenlicht zu gewinnen. Diese Zellen könnten Licht im Infrarotbereich sammeln, würden also Wärme absorbieren und liessen sich im Hausinnern einsetzen.