Ritalin: Der Rausch im Kämmerlein

Nr. 18 –

Was passiert, wenn man Ritalin nicht gegen ADHS nimmt, sondern um effizienter arbeiten oder lernen zu können? StudentInnen erzählen.

Ritalin ist ein verschreibungspflichtiges Medikament, das zur Behandlung von Kindern mit der Aufmerksamkeitsstörung ADHS verwendet wird. Eine im März 2014 vom Schweizerischen Nationalfonds publizierte Studie kam zum Schluss, dass drei Prozent der jungen Männer in der Schweiz mindestens einmal im Jahr hirnstimulierende Medikamente konsumieren. Der Drogenkonsum von Frauen wurde in der Studie nicht untersucht. Die WOZ hat sich unter StudentInnen umgehört, die Ritalin konsumieren. Ein Protokoll:

«Ich war anfangs skeptisch. Ich hatte bisher nur an Partys Drogen genommen – zum Spass. Zur Bewusstseinserweiterung, hätte man früher wohl gesagt. Und nun zur Leistungssteigerung? Das widerstrebte mir. Irgendwann habe ich es dann doch ausprobiert. Einerseits weil ich Angst hatte, mit dem Prüfungsstoff nicht durchzukommen, andererseits war ich schlicht neugierig, was passieren würde.»

«Ich nehme Ritalin, um bei der Arbeit schneller vorwärtszukommen, mich nicht ablenken zu lassen. Es macht ein Kämmerlein um dich rum.»

«Lustigerweise unterschied es sich gar nicht so sehr davon, an Partys Amphi zu nehmen. Ich bekam schwitzige Hände, mein Herz klopfte und der Kiefer verkrampfte sich. Ich war kribbelig und hibbelig. Irgendwann musste ich lachen. Da sass ich vor meinen Büchern in der Bibliothek und war voll verstrahlt, hörte über Kopfhörer dieselbe Musik wie im Club und wollte am liebsten tanzen. Als die Wirkung etwas abklang, begann ich zu lesen. Als ich das nächste Mal aufblickte, waren drei Stunden vergangen, ohne dass ich es gemerkt hätte.»

«Wenn ich Ritalin nehme, bin ich immer voll motiviert und konzentriert. Aber auf eine komische Art. Konzentriert auf das, was gerade ist. Ich bin im Moment, ohne Vorher und Nachher. Wie oft auch an Partys. Mit Ritalin wird die Arbeit zum Rausch. Das ist etwas Positives – wenn man den Rausch mag.»

«Es hilft mir, mich zu konzentrieren. Nur kann ich schlecht beeinflussen, worauf. Wenn das Ritalin einfährt, bin ich voll auf das fokussiert, was ich gerade mache. Wenn ich ein Buch für die Uni lese, dann ist das gut. Aber ebenso kann ich drei Stunden konzentriert Youtube-Filme schauen und bin nachher recht frustriert.»

«Ich nahm es vor allem, um länger wach bleiben zu können. Diesen Tunnelblick, diesen krassen Fokus auf die eine Sache, kenne ich nicht. Ritalin ist wie Speed, es macht mich wach, mehr nicht. Wenn ich den ganzen Tag gelernt habe und abends um acht langsam müde wurde, nahm ich eine Pille und konnte ohne Probleme bis Mitternacht weiterlernen.»

«Es stellt sich recht schnell eine Toleranz ein. Gab es die ersten paar Male noch diesen Sog, dass es dich ins Buch, in den Text regelrecht reinzog, wurde dieser Effekt je länger, je schwächer. Ich musste recht bald die Dosis erhöhen, um das gleiche Konzentrationslevel zu erreichen.»

«Das Problem war, dass ich nachher jeweils nur sehr schlecht schlafen konnte. Das heisst, ich wurde am nächsten Tag früher müde, nahm wieder Ritalin, worauf ich wieder nicht schlafen konnte. Irgendwann hab ich aufgehört. Es schlug mir aufs Gemüt.»