CD von Aphex Twin: Die Rückkehr des Grinsers

Nr. 40 –

Erst kreiste ein mit dem Aphex-Twin-Logo bedruckter Zeppelin über London. Dann tauchten in New York weitere solche Embleme auf, an Häuserwände projiziert und auf Strassen gesprayt. Seine Fangemeinde verbreitete die Bilder im Netz, in Onlinemusikmagazinen begannen Spekulationen zu kreisen: Kann es sein, dass vom Elektronikpionier, der auch schon als «Mozart des Techno» bezeichnet wurde, ein neues Album ansteht, dreizehn Jahre nach seiner letzten Platte? Wenn ja, wie wird es klingen? Wird es wieder wegweisend für eine zukünftige Produzentengeneration sein?

Richard D. James alias Aphex Twin setzte den Gerüchten kurz darauf ein Ende, indem er die Fans via Twitter ins Darknet führte – der Link war nur mittels Tor-Browser zu entschlüsseln. Dort fanden Fans und Medien eine Tracklist für ein Album mit dem kryptischen Namen «Syro». Der medienscheue Produzent löste damit ein Aphex-Twin-Fieber auf allen Kanälen aus: Rare Interviews wurden wieder veröffentlicht, Bestenlisten seiner Tracks und Musikvideos zusammengestellt, die absurdesten Fakten um seine Person gesammelt.

Seit zwei Wochen ist «Syro» nun draussen – und wie klingt der jüngste Streich? Er schlingert und brettert, es wird gemorpht und gewobbelt wie eh und je. Nur eben anders: Den digitalen Maximalismus jüngerer Kollegen wie Skrillex und Rustie lässt Aphex Twin bewusst aus. Auf «Syro» arbeitet sich der 43-Jährige durch Ambient, Intelligent Dance Music und alle vorstellbaren Technospielarten, die er massgeblich geprägt oder mitbegründet hat. Und man merkt: Aphex Twin ist sein eigenes Genre. Er schafft zeitlose Musik, bei der man sich in luziden Träumen wähnt.

Der eigentliche Clou liegt hier in der Verpackung: Auf dem Cover sind sämtliche Produktionskosten sowie alle 138 verwendeten Instrumente und Klangquellen des Albums aufgelistet – ein Seitenhieb gegen alle Popstars, die sich gerne in Selbstmystifizierung üben. Richard D. James’ schwarzer Humor zeigt sich nie böser, als wenn er das Deep Web, diesen Sammelort für Dealer, Hackerinnen und Terroristen, als Werbemedium wählt. Die Bilder, die man dort findet, sind ähnlich verstörend wie Aphex Twins diabolisches Grinsen.

Aphex Twin: Syro. Warp Records