Kleine Verwahrung: «Die Angst beeinflusst die Urteile»

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RichterInnen und GutachterInnen haben Angst, weil sie wissen: Wenn ein aus dem Gefängnis entlassener Täter rückfällig wird, werden sie abgestraft. Wenn sie hingegen einen Täter für lange Zeit «versorgen», werden sie gelobt. «Eine ungesunde Entwicklung», sagt Oberrichterin und Strafrechtsprofessorin Marianne Heer.

Die Bevölkerung wünscht immer mehr Sicherheit. Das bedeutet, dass immer mehr psychisch gestörte, aber therapierbare TäterInnen jahrelang in einer «Massnahme», der sogenannten kleinen Verwahrung, versorgt werden. Die Luzerner Oberrichterin Marianne Heer, Mitglied der FDP, hält das für sehr problematisch. Sie gilt als eine der grossen Schweizer Koryphäen im Massnahmenrecht.


WOZ: Frau Heer, waren Sie in jungen Jahren eine Revoluzzerin und haben sich deshalb aufs Strafrecht spezialisiert?
Marianne Heer: (lacht) Überhaupt nicht. Ich war ziemlich brav. Ich wollte mich aufs Zivilrecht spezialisieren und habe eine Dissertation über «Die bedingte Kapitalerhöhung» geschrieben. Dann hat mich aber immer mehr der Mensch fasziniert, weshalb Strafrecht für mich ein Thema wurde. Ich kann mich gut erinnern, wie sich damals der hochgeschätzte Basler Strafrechtsprofessor Günter Stratenwerth jeweils über die Massnahmen aufregte. Als junge Berufsfrau dachte ich: Was motzt der immer, es ist doch schön, wenn man den Leuten mit einer Therapie helfen kann.

Was missfiel Stratenwerth?
Er kritisierte schon in den siebziger Jahren die «schuldübergreifende Dauer der Massnahmen». Es störte ihn, dass jemand, der zum Beispiel eine zweijährige Strafe erhalten hatte, danach vier Jahre in der Massnahme war. Inzwischen ist es wesentlich härter rausgekommen. Es gibt Täter, die zu einer Strafe von einigen Monaten verurteilt wurden, danach aber aufgrund von Artikel 59 (vgl. «Verwahrung» im Anschluss an diesen Text) jahrelang in einer Massnahme feststecken. Es gibt viele Beispiele, die man erzählen könnte.

Bitte!
Ich weiss von einem Mann in einem Massnahmenzentrum, der eine Strafe von dreizehn Monaten bekommen hat, aber seit elf Jahren drin sitzt. Jetzt sagen alle, die mit ihm zu tun haben: Der soll raus. Dann kommt die kantonale Fachkommission und sagt: Njet. Also bleibt er drin.

Aus Angst, er könnte rückfällig werden?
Ich nehme an, ja. Angst ist ein ganz wichtiges Thema. Die öffentliche Wahrnehmung hat sich sehr verändert. Alle in der Strafjustiz stehen sehr unter Druck. Die Angst beeinflusst die Urteile.

Spricht man darüber?
Das gibt man nicht zu. Ich beobachte es einfach. Ich bin 61 und muss noch einmal gewählt werden. Zum Glück war ich wirtschaftlich immer unabhängig. Ich habe Richterkollegen mit kleinen Kindern, die offen sagen, sie wollten Probleme, die mit dem Rückfall eines Täters verbunden sind, nicht auf sich nehmen. Sie wollten ihre Karriere nicht aufs Spiel setzen. Heute werden Richter schnell einmal abgestraft. Das ist mir selber passiert.

Was war das für ein Fall?
Es ging um Schändung an einem Kind. Der Gesetzgeber unterscheidet dabei Fälle von «qualifizierter Grausamkeit» und andere. Wir vom Gericht hatten in diesem Fall keine «qualifizierte Grausamkeit» angenommen und wollten den Medien erklären, warum. Die zwei anderen Kollegen des Richtergremiums waren nicht verfügbar, ich musste mich alleine den Medien stellen. Danach ging es los, grauenhaft. Ich war sogar in der «Rundschau» auf dem heissen Stuhl. Es gab viele Leserbriefe, und bei der Wiederwahl hat mich dann das Parlament abgestraft und mich mit deutlich schlechterem Resultat wiedergewählt.

Richterin Marianne Heer: «Irgendwann müsste man den Mut haben zu sagen: ‹Wir riskieren es und lassen die Person raus.›» Foto: Fabian Biasio

Müssen Sie alle vier Jahre wiedergewählt werden?
Ja. Da ist es irgendwie verständlich, dass sich Richter sagen: Wozu soll ich für einen Wildfremden, der ja auch etwas Schlimmes gemacht hat, meinen Beruf, meine Zukunft, meine Karriere riskieren? Wenn ich einen verwahre, werde ich sogar noch gelobt. Das ist eine ungesunde Entwicklung.

Richter sollten unabhängig entscheiden können. Wir müssten das Modell des Kantons Freiburg haben: Da werden die Richter auf Lebzeiten gewählt – mit Abberufungsrecht. Ein Richter kann aus fachlichen Gründen abgesetzt, aber nicht politisch unter Druck gesetzt werden.

Zurück zu den Massnahmen: Ein Anwalt hat sich bei mir beklagt, dass sein Klient zu einer Massnahme verurteilt wurde, dann aber ins Gefängnis kam und lange Zeit keine Therapie erhielt. Sind solche Fälle Einzelfälle?
Das gibt es öfter. Auch bei dem Fall, den ich vorher erwähnt habe, mit dem sexuellen Übergriff auf ein Kind. Der Mann war zuerst viereinhalb Jahre in Untersuchungshaft, dann war er Jahre in einer Vollzugsanstalt. Dort bekam er lange Zeit keine Therapie. Wir versuchten später, für ihn eine gute Massnahme aufzugleisen. Es war aber zu spät. Das Verrückte: Im psychiatrischen Gutachten, das am Ende zur Verwahrung führte, stand, wenn man ihn von Anfang an richtig psychiatrisch begleitet hätte, wäre die Verwahrung zu vermeiden gewesen.

Verändern sich die Menschen im Gefängnis?
Wir wollen am Gericht die Leute immer sehen, bevor die Massnahme verlängert wird. Ich erinnere mich dann jeweils, wie sie fünf Jahre früher vor Gericht auftraten, und erschrecke, wie sie physisch und geistig abgebaut haben. Der Strafvollzug ist nichts Gesundes. Deshalb bin ich auch massiv gegen den Vollzug von Therapien in Gefängnissen – sie sollen in speziellen Institutionen stattfinden.

SVP-Nationalrätin Natalie Rickli verlangt, dass ein Täter erst aus der Verwahrung entlassen werden darf, «wenn praktisch sicher ist, dass er sich in der Freiheit bewährt». Was bedeutet es, wenn das durchkommt?
Es ist die gesetzliche Zementierung von etwas, das de facto schon gilt. Als Richterin habe ich danach einen noch geringeren Ermessensspielraum. Und es ist einmal mehr ein unmöglicher Gesetzesartikel. «Unmöglich» nicht im Sinn einer Wertung, sondern ein «unmöglich durchführbarer» Gesetzestext. Wenn man den Richtern so sehr misstraut und deswegen Vorgaben ins Gesetz schreibt, die keinen Spielraum offenlassen, kann man den Richterberuf abschaffen. Denn eine Bestätigung, dass sich jemand in Freiheit garantiert bewährt, kann niemand geben.

Bleiben dann alle immer drin?
Das geht ja auch nicht in einem freiheitlichen Rechtsstaat. Es stört mich vor allem, dass so schwierige Probleme politisch ausgeschlachtet werden. Wir machen es uns sicher nicht leicht mit unseren Urteilen und wägen die wichtigen Interessen sorgsam ab. Politiker suchen sich dann aber im eigenen Interesse damit zu profilieren.

Wenn man die stetigen Verschärfungen weiterdenkt, wird irgendwann die Todesstrafe eingeführt. Wären Sie dann noch Richterin?
Nein. Das ist für mich eine unüberschreitbare Grenze. Wobei ich mich schon gefragt habe: Bei den heutigen faktisch lebenslänglich dauernden Verwahrungen sind wir nicht mehr so wahnsinnig weit davon entfernt. Die Leute haben dermassen keine Perspektive, dass sie faktisch ähnlich leben wie Gefangene in US-amerikanischen Todeszellen.

Eine zentrale Frage bleibt: Wie erkennt man, wer echt gefährlich ist? Es gibt diverse psychiatrische Instrumente, die versuchen, das Rückfallrisiko oder die Gefährlichkeit objektiv zu erfassen. Wie hilfreich sind sie?
Für mich sind sie immer heikel. Das Bundesgericht hat glücklicherweise in drei Urteilen ziemlich deutlich gesagt: «Es geht nicht, dass ein Urteil nur oder hauptsächlich darauf abgestellt wird, das akzeptieren wir nicht.» Alle derartigen Instrumente vermitteln eine Scheinbeweiskraft. Sie erzeugen beim Anwender, sprich bei uns Richtern, den Eindruck, man könne die Rückfallgefahr exakt prognostizieren, wenn man die richtige Hightechmethode anwendet. Und da hat das Bundesgericht zum Glück gesagt, es sei ganz entscheidend, dass auch eine klinische Beurteilung vorgenommen werde, die eine Differenzierung erlaube.

Ein Psychiater muss die Person persönlich begutachten?
Ja. Aber auch da stellt sich die Frage: Wie weit ist das objektivierbar? Ich sage den Studierenden immer: Unsere Gefühle spielen eine zentrale Rolle – wenn ich ein ängstlicher Typ bin, beeinflusst das anders, als wenn ich ein mutiger Typ bin.

Ein häufig verwendetes Instrument ist die Psychopathy Checklist Revised, die PCL-R. Was halten Sie von dieser Checkliste, die die Gefährlichkeit eines Menschen definieren soll?
Bekannte Psychiater geben zu, dass viele erfolgreiche Manager oder Politiker eine hohe Punktzahl haben, wenn man sie durch die PCL-R lässt. Das Problem ist, dass wir in der Strafjustiz eine Limite haben: Wer auf 25 Punkte kommt, ist gefährlich, basta. Erst seit kurzer Zeit muss man sich wegen der Bundesgerichtsurteile doch noch differenzierter damit beschäftigen.

Die PCL-R hat aber immer noch grosses Gewicht. Und was mir Sorgen macht: Renommierte Psychiater räumen in aller Öffentlichkeit ein, wie unterschiedlich die Ergebnisse bei einem Exploranden sein können. Je nachdem, wer ihn testet, kann es gut und gern bis zu sechs Punkte Unterschied machen.

Beim einen Psychiater käme der Straftäter auf 22 Punkte und wäre ein normaler Mensch, beim anderen ein Psychopath mit 28 Punkten, der für immer weggesperrt wird.
Genau. Und das zeigt, wie viel persönliche Wertung drinsteckt. Da kann man Glück oder Pech haben mit einem Gutachter, genau wie mit einem Richter. Die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung basiert auf Wertungen.

Was müsste man tun, um das zu entschärfen?
Die Teilnahmerechte der Verteidiger müssen noch mehr verstärkt werden. Es braucht einen Diskurs über diese Fragen, wir müssen uns immer und immer um die Qualität der Gutachten bemühen. Der Verteidiger sollte beispielsweise dabei sein können, wenn sein Klient von einem Psychiater begutachtet wird.

Warum ist das nicht schon längst so?
Die Psychiater berufen sich immer darauf, die Intimität wäre nicht gewahrt und sie wären überfordert, wenn das Verfahren öffentlich würde und der Anwalt Ergänzungsfragen stellen könnte. Das hat die Polizei auch gesagt, als man mit der neuen Strafprozessordnung bei polizeilichen Einvernahmen die Teilnahmerechte des Verteidigers eingeführt hat. Anfänglich war sie überzeugt, sie könne ihre Arbeit nicht mehr erfüllen, wenn der Verteidiger bei der Befragung eines Verdächtigen dabei ist. Heute ist das selbstverständlich.

Bei uns müssen Psychiaterinnen und Psychiater ihre Gutachten relativ selten vor Gericht begründen. Warum eigentlich?
Das ist eine Kultur, die wir überhaupt nicht haben. Als ich bei uns am Gericht das erste Mal angeregt habe, den Gutachter vorzuladen, meinten Richterkollegen: «Da sind wir überfordert, wir können nicht auf Augenhöhe mit den Psychiatern reden!» – Meine Meinung ist: Dann müssen wir es lernen.

Hat es einen Einfluss auf die Entscheide, wenn die Gutachter vor Gericht erscheinen?
Nach meiner Erfahrung hat es vermutlich in nahezu fünfzig Prozent der Fälle den Entscheid beeinflusst. Die Beiträge der Anwälte sind extrem wertvoll. Die Psychiater sind vielleicht genervt, wenn die andere Disziplin ihre Arbeit infrage stellt. Mittlerweile haben aber auch diese Leute gelernt, mit der juristischen Argumentation umzugehen.

Werden die Gutachter immer vorgeladen?
Nein. Das passiert primär, wenn ich mit einem Gutachten nicht zufrieden bin. Wenn ich ganz unzufrieden bin, muss ich es zurückweisen, wenn ich aber Ergänzungsfragen, Unklarheiten habe, dann lade ich den Gutachter vor. Wir haben leider nicht immer so kämpferische Anwälte, die solche Anträge stellen.

Die könnten das verlangen?
Klar. Zum Teil klagen sie, dass sie zu wenig von der Materie verstehen. Dann muss man sich halt spezialisieren. Ich finde, da liegt bei den Anwälten eine ganz grosse Verantwortung.

In der Strafanstalt Pöschwies habe ich einen Mann besucht, der seit über zwanzig Jahren verwahrt ist, weil er laut Urteil Unzucht mit Kindern betrieben hat. Er bestreitet aber die Tat und verweigert die Therapie. Deshalb hat er keine Chance, jemals rauszukommen – weil er als untherapierbar gilt.
Ich kenne einen ähnlichen Fall. Der Mann bestreitet die ursprüngliche Tat. Das wurde dann immer als Grund angeführt: Uneinsichtigkeit – deshalb können wir den nicht rauslassen. Das ist ein Teufelskreis, da hat jemand wirklich kaum eine Chance, rauszukommen.

Wer den Mann in Pöschwies besuchen möchte, muss das ganze Sicherheitsprozedere durchlaufen, wie wenn man einen Schwerverbrecher besuchen würde – obwohl der Mann seine Strafe längst abgesessen hat. Ist das menschenwürdig?
Nein. Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat entschieden, der Vollzug müsse in solchen Fällen möglichst lebensnah ausgestaltet werden, nur so sei er menschenwürdig möglich. In Berlin haben sie Wohngruppen eingerichtet, so eine Art WG. Bei uns ist es genau umgekehrt, wir bringen die Leute im normalen Strafvollzug unter. Das ist eigentlich eines modernen Rechtsstaats nicht würdig.

Warum wird es trotzdem gemacht?
Das hat der Gesetzgeber verbrochen. In der Botschaft zum neuen Strafgesetzbuch steht, dass alle eine Therapie erhielten, für die eine minimale Chance auf Behandelbarkeit bestehe. Die, die nicht therapiert werden können, werden hingegen verwahrt und kommen in die Strafanstalt. Dieses Konzept ist demjenigen in Deutschland diametral entgegengesetzt.

Wie liesse sich das verbessern?
Die Straftäter haben keine Lobby. Man möchte auch kein Geld für sie ausgeben. Aber ich sage immer: Ob ich einen Raum freundlich einrichte oder kalt wie eine Zelle, kostet dasselbe – es braucht nur das Bewusstsein, die Mittel anders einzusetzen.

Man muss offen sagen: Es gibt Leute, die man nicht rauslassen kann, die bis an ihr Lebensende verwahrt bleiben, aber die müssen dann menschenwürdig untergebracht werden. Da könnte man bereits mit bescheidenen Mitteln viel erreichen.

Wie viele Leute sind verwahrt?
Verwahrt nach Artikel 64 StGB sind etwa 180. Wenn man die 59er dazuzählt, also die, die in einer Therapie sind, kommt man auf rund 800.

Man scheint sich unter Experten einig, dass es in der Schweiz rund fünfzig Personen gibt, die so gefährlich sind, dass sie nicht freikommen dürfen. Nur: Welche fünfzig sind es?
Als Richterin kann ich damit umgehen, dass man bei gewissen Leuten sagt: Nach den gegenwärtigen Beurteilungsmethoden kann man es nicht verantworten, sie freizulassen. Ich will keine gefährlichen Leute auf die Öffentlichkeit loslassen. Die offensichtlich Gefährlichen sind nicht das Problem. Es gibt aber einen ganz grossen Mittelbau, wo man den Mut haben müsste zu sagen: Jetzt probieren wir es an der langen Leine.

Können Sie das ausführen?
Wenn ich hinter dem Bahnhof nachts eins auf den Kopf gehauen bekomme, freut mich das sicher nicht. Das ist aber ein klassisches Gewaltdelikt im mittleren Bereich, häufig verbunden mit einer hohen Rückfallwahrscheinlichkeit. Man kann nicht ausschliessen, dass der Täter es wieder tut – und das wird dann zum Hauptargument, um die Person nach Artikel 59 jahrelang in einer geschlossenen Anstalt unterzubringen. Ich finde es ja gut, dass man sie therapiert, aber irgendwann müsste man den Mut haben zu sagen: Wir riskieren es und lassen die Person raus.

Sie haben die «lange Leine» erwähnt. Wie könnte diese ausgestaltet sein?
Es ist dramatisch, dass man die Vollzugs- und Bewährungsdienste so stiefmütterlich behandelt. Sie haben immer mehr Aufgaben und immer mehr Leute, die sie betreuen müssen, müssen das aber mit immer weniger Geld und Personal erledigen.

Man müsste zum Beispiel auch bei den forensisch-psychiatrischen Ambulatorien ansetzen. In Zürich etwa sind gute Ansätze vorhanden, und auch in Basel baut man hier meines Wissens aus, da möchte man ein Ambulatorium für Leute schaffen, die aus einer Massnahme entlassen worden sind. Bedingt entlassene Straftäter können so mit den Schwierigkeiten des Alltags konfrontiert werden, was in einer Institution ja gar nicht möglich ist. Sie bekommen die nötige Unterstützung und psychiatrische Betreuung, die am Ende eines Massnahmenvollzugs sehr wichtig sind. Denn wenn es nach der Entlassung eine tragfähige Begleitung gibt, sinkt das Rückfallrisiko, und man kann die Leute früher entlassen.

Verwahrung

Rechtlich gesehen existieren unterschiedliche Formen von Verwahrung:

Artikel 64 des Strafgesetzbuchs (StGB) regelt die eigentliche Verwahrung. Das Gericht verhängt sie, wenn es davon ausgeht, dass die Öffentlichkeit vor einer Person geschützt werden muss, weil diese als gefährlich respektive psychisch gestört und nicht therapierbar eingeschätzt wird. Die verwahrten TäterInnen sind für gewöhnlich in einer geschlossenen Strafanstalt untergebracht.

Artikel 59 StGB wird gerne als «kleine Verwahrung» bezeichnet. Sie wird verhängt, wenn das Gericht StraftäterInnen für psychisch gestört, aber therapierbar hält. Es ordnet deshalb anstelle der Strafe, die relativ gering sein kann, eine «stationäre Massnahme» an, die in einem spezialisierten, offenen Massnahmenzentrum oder der Psychiatrie vollzogen wird. Die Massnahme muss alle fünf Jahre verlängert werden, was aber unbeschränkt geschehen kann.

Artikel 59 Absatz 3 erlaubt es ausserdem, therapierbare Personen im normalen Strafvollzug unterzubringen, «solange die Gefahr besteht, dass der Täter flieht oder weitere Straftaten begeht».

Marianne Heer

Seit dem Jahr 2000 ist Marianne Heer (61) Oberrichterin am Kantonsgericht Luzern. Im vergangenen Dezember wurde sie zur Titularprofessorin an der Universität Fribourg ernannt, sie lehrt zudem auch an der Uni Bern. Sie verfasste den offiziellen juristischen Kommentar zum Massnahmenrecht des revidierten Strafgesetzbuchs.

Heer gehört der FDP an und sass unter anderem in der Geschäftsleitung der FDP Luzern und im Einwohnerrat von Horw.