Neues aus der Wissenschaft: Kiffen gegen Demenz?
Die Anti-Aging-Front der Wissenschaft macht ernst – nein, sie setzt noch eins drauf: Nachdem sie greise Killifische mit Babydarmbakterien in agile Springinswasser verwandelte (siehe WOZ Nr. 18/2017 ), will sie jetzt auch bei Mäusen den geistigen Alterungsprozess umgekehrt haben. Ganz ohne Hokuspokus, sondern im klassischen Untersuchungssetting. Die eine Hälfte der Versuchstiere erhielt den Wirkstoff, die andere ein Placebo. Ausserdem gab es drei Altersgruppen von Mäusen: die jüngsten waren zwei Monate alt, die mittleren zwölf – ein Alter, in dem sich bei Mäusen bereits starke kognitive Defizite bemerkbar machen – und die ältesten mit achtzehn Monaten schon ziemlich dement. Nach vier Wochen testeten die ForscherInnen das Lernvermögen und die Gedächtnisleistung der Tiere. Während die mit Placebo gefütterten Mäuse ihrem Alter entsprechend zunehmend Mühe bekundeten, sich zu orientieren oder ihre AltersgenossInnen wiederzuerkennen, zeigten sich sämtliche Mäuse, die den Wirkstoff erhalten hatten, geistig so fit wie die zweimonatigen Kontrolltiere. Alle Anzeichen von Demenz waren innerhalb eines Monats verschwunden!
Hinter dieser Sensation steckt, das betonen die ForscherInnen der Universität Bonn, jahrelange akribische Forschung. Alles begann damit, dass sie herausfanden, dass Mäuse, denen der sogenannte CB1-Rezeptor im Gehirn fehlte, viel schneller alterten. CB1-Rezeptoren besitzen eine wichtige Funktion in der Signalübertragung im Gehirn und damit für die Gedächtnisleistung. Diese Signalübertragung nimmt im Alter ab, weil der körpereigene Stoff CB langsam versiegt. Der extern zugeführte Wirkstoff ersetzte das CB offenbar erfolgreich und führte sogar dazu, dass die Verknüpfung von Nervenzellen im Gehirn wieder zunahm.
Und welches Wundermittel ist dazu fähig? THC. Genau: der berauschende Wirkstoff aus Cannabisprodukten. Kiffen gegen Demenz? Ob das tatsächlich hilft, wollen die ForscherInnen als Nächstes mit klinischen Studien an Menschen testen. Wir warten gespannt.
Der Wermutstropfen: Das THC muss so niedrig dosiert werden, dass eine Rauschwirkung ausgeschlossen ist.