Landesstreik 1918: Bildgeschichten (2): Y en a pas

Nr. 35 –

Foto: Archiv Stefan Keller

Auf den 1. Mai 1918 kündigt der Bundesrat eine Milchpreiserhöhung an: 40 Rappen pro Liter. Eine Stickereiarbeiterin verdient zum Vergleich 60 Franken im Monat. Das Oltener Aktionskomitee protestiert, es ist aus Gewerkschaftern und Sozialdemokraten zusammengesetzt (darunter eine Frau). Schon Mitte März wurde in Bellinzona die Milchzentrale gestürmt und geplündert. Hungerdemonstrationen gibt es in vielen Städten. Ultimatum des Komitees: Entweder nimmt der Bundesrat die Erhöhung zurück, oder der landesweite Generalstreik wird ausgerufen.

Sondersession der Eidgenössischen Räte. Kompromissvorschlag: 36 Rappen, weitere 4 Rappen zahlt der Staat. Der Landesstreik wird verschoben. Die Bauern gewinnen so oder so. Am 14. Mai rationiert der Bundesrat den Käse. Meist sind die Regale jedoch leer. «Y en a pas», heisst es, Monsieur Bon Fromage ist gestorben. Eine ironische Todesanzeige für Käse- und SprachkennerInnen. Hunderte Schweizer Käsereien verarbeiten unterdessen entrahmte Milch zu Kasein. Als Gummiersatz für die deutsche Rüstungsindustrie.

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