Abstimmungen: Zweimal Ja gegen den Egoismus

Nr. 6 –

Am Sonntag stimmt die Schweiz über die Zersiedelungsinitiative ab, die die Bauzonen begrenzen will. Und der Kanton Bern entscheidet über ein neues Energiegesetz. Zwei wichtige umweltpolitische Weichenstellungen, doch das ist nicht das Einzige, was die Vorlagen verbindet: Beide kratzen an der Ideologie des Haus- und Grundeigentums. An jener egoistischen Haltung, die dem dringenden Vorankommen von Umwelt- und Klimaschutz im Weg steht.

Wohl gerade, weil Baugrund viel kostet, ist die Ideologie des Hauseigentums hierzulande so verbreitet: Auch viele, die sich das Häuschen im Grünen gar nie leisten können, fühlen sich als potenzielle HauseigentümerInnen und verhalten sich entsprechend. Da können die Bauzonen kaum je gross genug sein. Und jene, die Häuser besitzen, kaschieren ihre knallharten Eigeninteressen mit Floskeln wie «Eigenverantwortung». So auch vor der Abstimmung im Kanton Bern. Laut dem neuen Energiegesetz sollen Neubauten künftig einen Teil ihres Stroms selbst produzieren, Gemeinden dürfen strengere energetische Anforderungen an Gebäude und Überbauungen stellen, ausserdem sollen Gas- und Ölheizungen in bestehenden Gebäuden durch Heizungen mit erneuerbarer Energie ersetzt werden – allerdings mit Ausnahmen.

Radikal ist das alles nicht – aus ökologischer Sicht täte ein Ölheizungsverbot not. Trotzdem haben der Hauseigentümerverband (HEV) und Wirtschaftsverbände das Referendum gegen das Gesetz ergriffen. Unterstützt werden sie von SVP und FDP. Auch wenn sich einige Freisinnige nun plötzlich klimafreundlich geben (vgl. «Neue Töne aus der FDP» ): Wenn es konkret wird wie in Bern, stehen sie zuvorderst bei den VerhinderInnen. Mit dabei: Nationalrätin Christa Markwalder. In ihrer Jugend war sie für die Halbierung des Autoverkehrs und gegen AKWs – heute bekämpft sie nachhaltigere Baustandards.

Noch eine Gemeinsamkeit gibt es zwischen Zersiedelungsinitiative und Berner Energiegesetz: Die GegnerInnen beider Vorlagen warnen, bei einem Ja würden die Mieten steigen. Ausgerechnet jene Kreise um FDP, SVP und HEV, die alles tun, um einen strengeren MieterInnenschutz zu verhindern. Ihr Argument ist nicht nur verlogen, es ist dreist.