Durch den Monat mit Daniel «Duex» Fontana (Teil 1): Was bedeutet die Absage der Kilbi?

Nr. 19 –

Die Bad Bonn Kilbi in Düdingen ist das angesagteste Musikfestival der Schweiz. Dieses Jahr muss sie wegen des Lockdowns ausfallen. Programmator Daniel Fontana reut besonders, dass er zwei indonesische Undergroundmusiker verpasst.

Daniel Fontana: «Für uns ist der Ausfall ein riesengrosser Verlust. Dass wir aber die Beiz bald aufmachen können, finde ich super. Trotz der Abstände, Masken und weiss der Kuckuck was.»

WOZ: Daniel Fontana, Anfang Juni sollte die 30. Bad Bonn Kilbi stattfinden. Wann wurde Ihnen klar, dass Sie das Jubiläum nicht feiern können?
Daniel Fontana: So richtig klar wird es erst, wenn der Bundesrat während dieses Gesprächs über die Grossanlässe entscheidet. Der Beschluss kommt jetzt dann gleich, die Pressekonferenz läuft, wir sind fast live dabei. Ich selbst war schnell skeptisch, ob die Kilbi stattfinden kann, als Mitte Februar die ersten Zeichen aus Italien kamen. Aber bis jetzt haben wir noch nicht offiziell abgesagt, sondern warten sozusagen auf den Entscheid von höherer Gewalt.

Viele Festivals sind verärgert, dass der Bundesrat mit dem Entscheid so lange zugewartet hat. Geht Ihnen das auch so?
Auf eine gewisse Art schon. Es ist paradox, Menschenansammlungen zu verbieten und gleichzeitig nichts zu den Festivals zu sagen. Ich habe zuerst auch am Westschweizer Radio ausgerufen: «La communication du Conseil fédéral, c’est la merde!» Aber dann dachte ich, wir müssen jetzt auch einmal ein bisschen schweigen und zuhören, was passiert. Es hat genug Posaunen im Moment. Ganze Orchester von Trompeten und Posaunen sind zu hören.

Hat der Bundesrat genug getan für die Kultur bei der Krisenbewältigung?
Ich bin positiv überrascht, wie schnell der Bund interveniert und für die Kultur Geld gesprochen hat. Auch dass er die Kantone aufforderte, die Unterstützungsbeiträge zu verdoppeln. Ob das Geld gerecht unter den verschiedenen Kulturplayern verteilt wird, lässt sich allerdings noch nicht abschätzen.

Was bedeutet der Ausfall für Sie finanziell?
Für uns ist das ein riesengrosser Verlust, die Einnahmen aus der Kilbi waren jeweils hoch. Damit konnten wir auch die Konzerte finanzieren, die unter dem Jahr hier in der Beiz stattfinden. Wir haben viele Konzerte veranstaltet, die nicht rentabel sind. Das hat der Entwicklung unseres Hauses gutgetan und auf die Umgebung abgefärbt. Das Publikum ist gewachsen und damit auch das Vertrauen. Ich bin zuversichtlich, dass wir auf seine Unterstützung zählen können.

Haben Sie entsprechende Signale?
Wir haben viele schöne Nachrichten erhalten. Beispielsweise, dass die Leute bereit sind, auf die Rückerstattung der Billette zu verzichten, wenn die Kilbi nicht stattfinden kann. Aber auch hier wollen wir in der Kommunikation nicht posaunen. Und schon gar nicht jammern.

Die Kilbi ist jeweils innert Stunden ausverkauft, obwohl viele Bands unbekannt sind. Auf welche hätten Sie sich in diesem Jahr speziell gefreut?
Es ist schwierig, etwas herauszuzupfen. Speziell gefreut hätte ich mich sicher auf Gabber Modus Operandi aus Indonesien. Das Duo mischt Gamelan-Sounds mit Hardcore-Techno: Es schliesst die indonesische Folklore mit Xylofonen an schnelle, ultrabrachiale Beats an. Das Ergebnis ist verwandt mit dem Trash-Metal, den ich vor 25 Jahren hörte.

Ein paar Verrückte in Indonesien verfolgen jetzt diese Spur weiter, und ein paar Verrückte in Düdingen laden sie an ihr Festival ein?
Genau. Dass der Act völlig unbekannt ist und wir so etwas am Abend um 23 Uhr auf die grosse Bühne stellen könnten: Das ist unser Glück, das wir mit dem Publikum erschaffen haben. Es ist auch die Art, wie wir politisch sind. Dass man die Leute geduldiger macht, experimenteller, repetitiver Musik zuzuhören. Dass wir uns gegenseitig Neugier und Offenheit antrainieren.

Die Kilbi wäre dreissig Jahre alt geworden. Auf einen grossen Namen haben Sie bei der Programmierung verzichtet. Bewusst?
Mir ging es darum, das Dreissigste nicht zu zelebrieren. Ich habe nicht gerne Jubiläumsfeiern, auch privat. Um das zu umgehen, habe ich extra eine Verweigerungsaktion veranstaltet, auf klare Leuchttürme verzichtet, extra noch ein paar unbekannte Bands mehr eingeladen. Ich habe letztes Jahr eine Wende gemacht, möchte bescheidener werden und noch mehr auf die Kultur des Do it yourself setzen.

Warum?
Die Entwicklung im Musikbusiness, die immer stärker auf die Vermarktung von Bands zielt, geht mir auf den Sack. Sie spielt nur den Konzernen in die Hand. Es gibt viele Leute, die erwartet haben, dass wir die Kilbi immer grösser machen, weil es doch möglich wäre, mehr Geld zu verdienen. Aber ich fand: Lassen wir sie so, wie sie ist. Es macht uns ja allen Spass: unserem kleinen Team, den Helfern, den Musikerinnen, den Gästen.

Mittlerweile hat der Bundesrat offiziell mitgeteilt, dass Musikfestivals bis Ende August abgesagt sind.
Keine Überraschung also. Dass wir aber die Beiz bald wieder aufmachen können, finde ich super. Trotz der vorgeschriebenen Abstände, Masken und weiss der Kuckuck was. Der Kontakt zum Publikum ist das Wichtigste. Der emotionale Teil, dass wir aufmachen können. Ob es finanziell rentiert, sei dahingestellt. Emotional und sozial rentiert es auf jeden Fall.

Daniel «Duex» Fontana (54) betreibt seit 1991 das Konzertlokal Bad Bonn in Düdingen. In der nächsten Folge erzählt er, wie er sich das Haus mit Kollegen erschlichen hat.