Durch den Monat mit Daniel «Duex» Fontana (Teil 2): Wie haben Sie sich das «Bad Bonn» erschlichen?

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Als Daniel Fontana mit dem Veranstalten von Konzerten begann, hatte er von Musik noch kaum eine Ahnung. Zuvor war er im Dorfpub herumgehangen und hatte nur Metal gehört.

Daniel «Duex» Fontana: «Eines Tages haben wir einen Verwandten der Wirtefamilie kennengelernt. Wir schmierten ihn ein bisschen, und er hat sich den Vertrag besorgt.»

WOZ: Daniel Fontana, wie kamen Sie überhaupt ins Bad Bonn?
Daniel Fontana: Zu Fuss, das erste Mal.

Sie sind hier in Düdingen aufgewachsen?
Zuerst in Gurmels, auf der anderen Seite des Schiffenensees, dann ging ich in die Schule nach Düdingen. Später bügelte ich in einem Treuhandbüro, gelernt habe ich eigentlich nichts. Nach dem Fussball bin ich jeweils in einer Bar herumgehangen, «Johnny’s Pub». Einmal fragte mich ein Kollege, der dort arbeitete, ob wir es übernehmen wollten. Es war eine Wildwestaktion, wir mussten uns schnell entscheiden. Ich war erst 21 Jahre alt, unsere Eltern haben mit ihrer wenigen Kohle gebürgt.

Und, lief das Geschäft?
Das Pub war ein beliebter Treffpunkt, die verrufene Kneipe des Bezirks, alle kamen mit den Töffli. Wir haben Metal gehört und Bier gesoffen, recht primitiv. Unser Vertrag war befristet, danach sahen wir uns nach einem neuen Lokal um. Das «Bad Bonn» wollten damals viele übernehmen, doch wir hatten leider keine guten Aussichten. Die Familie, die hier wirtete, tat das seit hundert Jahren. Schon im alten Bad Bonn, unten am Saaneufer. Die wussten, wir sind die vom Dorf mit dieser komischen Bar, die Lärm- und Polizeiprobleme hat und in der langjährige Drögeler verkehren.

Das alte Bad Bonn lag dort, wo nun der Stausee ist?
Es war ein Weiler mit Kurhotel und einer Kirche, der 1963 für den Stausee abgerissen wurde. Alle Landbesitzer hatte man enteignet, zum Schluss gab es noch eine Militärübung, bei der das Hotel gesprengt wurde. Der Besitzerfamilie stellte man hier oben auf der Anhöhe Land für ein neues Gasthaus zur Verfügung.

Wie sind Sie doch noch ans Haus gekommen?
Eines Tages haben wir einen Verwandten der Wirtefamilie kennengelernt. Wir schmierten ihn ein bisschen, und er hat sich den Vertrag besorgt. Offiziell führte er nun die Beiz, wir waren seine Angestellten. Die Miete haben wir ihm auf ein Transitkonto bezahlt.

Sie haben sich das «Bad Bonn» erschlichen?
Ich stehe dazu, wir haben beschissen. Das alte Wirtepaar hatte aber bald Spass an uns. Sie wohnten oben im Haus und haben all die Metalkonzerte ertragen. Als sie irgendwann bemerkten, dass wir sie ausgetrickst hatten, machten sie den Vertrag direkt mit uns und haben uns das Haus später verkauft.

Wie viele Ihrer Kollegen von damals sind noch dabei?
Anfänglich waren wir zu dritt, seit zehn Jahren leiten wir das Haus zu zweit. Ich kümmere mich ums Programm, Patrick Boschung um die ganze Buchhaltung. Wir sind ein kleines Wir mit einer guten Gewaltentrennung. Dazu kommen die Mitarbeiter im Büro, in der Küche, an der Technik.

Wie kam es zum ersten Konzert?
Die Ersten, die hier spielten, waren Rekruten aus Bern, die am Mittwochabend in den Ausgang kamen. Sie hatten Instrumente im Auto und fragten, ob sie spielen können.

Sie haben sich anfänglich gar nicht für Musik interessiert?
Ich kannte mich null aus. Ich war ab und zu an grösseren Konzerten, etwa von AC/DC, und an kleineren in der Gegend. Ich habe familiär keine Kultur geerbt, das Gastgewerbe schon eher. Meine Mutter arbeitete im Service, mein Vater hing in der Beiz herum.

Wie ging es weiter mit den Konzerten?
Es packte mich schnell, auch aus einer Provokation heraus. Es war ja in Düdingen nie etwas los. Am Anfang haben wir Cover- und Bluesbands aus der Gegend eingeladen. Schnell kamen die ersten Metalbands. Es gab wenig Clubs, die diese Musik programmiert haben. Bald fuhren Nightliner vor, Busse fast grösser als unser Lokal. Die Backline, die sie hineinschleppten, liess oft kaum mehr Platz für das Publikum. Die Lichtshow machte jemand auf einem Stuhl in der Ecke. Einfach Stecker rein und raus. Jahrelang fuhrwerkten wir so.

Heute spielt im «Bad Bonn» die Avantgarde aus Rock, Rap, Elektro. Hatten Sie irgendwann genug vom Metal?
Ich würde eher sagen, dass sich meine Neugier vom Metal aus in alle Richtungen entwickelt hat. Metal, Drone, Noise und Hardcore sind eine gute Grundlage, um sich andere Musik zu erschliessen. Die dazugehörige Haltung habe ich nicht aufgegeben: Musik ohne Kompromisse zu veranstalten.

Wissen die Leute im Dorf, dass Düdingen schweizweit bekannt ist für seine Konzerte?
Ich glaube schon, dass sie Freude haben an diesem Haus. Gerade als wir nun geschlossen hatten, sind viele vorbeispaziert und haben sich Geschichten erzählt, die sie gar nicht miterlebt haben. Ich mag es immer, wenn über uns Gerüchte verbreitet werden, die nicht stimmen. Jahrelang hiess es etwa, ich sei ein Drogendealer. Mit diesem Image hatte ich keine Mühe. Es ist ja schon etwas Rock ’n’ Roll, was wir gemacht haben. Aber wir waren immer respektvoll mit den Leuten. Einige trinken seit dem ersten Jahr hier ihr Feierabendbier. Mit der Musik haben sie nichts am Hut, sie gefällt ihnen auch nicht. Wir lachen zusammen darüber.

Daniel Fontana (54) erzählt in der nächsten Folge, wie berühmte MusikerInnen reagieren, wenn sie im Düdinger Nirgendwo aussteigen.