CO2-Gesetz: Ja sagen und mit den Zähnen knirschen
Manchmal tut Realpolitik weh. Zum Beispiel wenn man eine ungenügende Vorlage verteidigen muss, weil sonst der Schaden noch grösser wäre. Wie beim geplanten CO2-Gesetz, über das der Nationalrat nächste Woche wieder debattiert: Seit die SVP mit einem Referendum droht, trauen sich Linksgrüne und Umweltorganisationen fast nicht mehr, das Gesetz als das zu kritisieren, was es ist. Nämlich ungenügend. Es verfehlt die Ziele des Pariser Klimaabkommens, zu denen sich die Schweiz verpflichtet hat, bei weitem. Aber wenn die Vorlage an der Urne bachab geht, dauert es viel zu lange, bis die Schweiz ein neues – und vielleicht nicht einmal besseres – CO2-Gesetz bekommt.
Vieles an der jetzigen Vorlage ist fragwürdig. So will die Schweiz weiterhin einen Teil ihrer Emissionen im Ausland kompensieren, der Finanzplatz darf nach wie vor klimaschädlich investieren, und es gibt immer noch keine Lenkungsabgabe auf Benzin und Diesel. Auch das Problem, dass staatliche Beiträge an Gebäudesanierungen ImmobilienbesitzerInnen subventionieren, während MieterInnen leer ausgehen, besteht weiterhin. Ein Herzstück der Vorlage sind CO2-Limits für Neuwagen, die schrittweise verschärft werden sollen. Zentral sind auch die geplanten strengen Vorschriften für neue Heizungen. Wenn diese beiden Elemente bleiben, ist das neue Gesetz nicht wirkungslos.
Trotzdem ist grundsätzliche Kritik nötig, denn eigentlich ist schon die Grundstruktur der Schweizer Energie- und Klimapolitik unlogisch: Energiestrategie und -gesetz kümmern sich um Strom, das CO2-Gesetz kämpft mit den Abgasen aus fossilen Brenn- und Treibstoffen. Eine kohärente Politik würde beides zusammendenken – und die Infrastruktur noch dazu. Denn wie soll der Autoverkehr abnehmen, wenn das Strassenbudget voll ist und laufend neue «Engpässe beseitigt» werden? Immerhin soll mit dem neuen CO2-Gesetz die Umweltverträglichkeitsprüfung für grosse Bauprojekte um Klimaaspekte erweitert werden – dieses Element steht allerdings auf der Kippe. Der Druck der Klimabewegung muss hoch bleiben, damit die Vorlage zumindest so durchkommt, wie sie der Ständerat entworfen hat.