Neues aus der Wissenschaft: Tierisch zum Wohlfühlen
In Estavayer-le-Lac hocken sie in der Schulstube, spielen Billard oder posieren zum Rütlischwur – und das seit Mitte des 19. Jahrhunderts: Frösche, ausgestopft und präpariert. Anderswo, etwa im Museum für Naturkunde in Berlin, liegen sie schon ähnlich lange in Alkohol konserviert im Keller. Was heute skurril, um nicht zu sagen anachronistisch anmutet und als Hobby längst geächtet ist, entzückt ForscherInnenherzen immer wieder aufs Neue. Dabei tragen nicht nur längst ausgestorbene oder in allen Farben schillernde exotische Exemplare zum Wert einer solchen Sammlung bei. Es sind gerade die allgegenwärtigen, vergleichsweise unansehnlichen Arten wie der Gemeine Grasfrosch, die der Wissenschaft zu neuen Erkenntnissen verhelfen.
Zum Beispiel wenn es um langfristige Umweltveränderungen und deren Einfluss auf die Froschpopulation geht. Immerhin hüpften die Quaker schon den Dinosauriern zwischen den Beinen herum. Heute sind viele der rund 6000 Froscharten akut gefährdet. Als schuldig gilt vorab der sogenannte Chytridpilz, der die hochempfindliche Haut der Amphibien befällt, wobei unklar ist, ob der Pilz selbst das Froschsterben verursacht oder ob der zunehmende Umweltstress dafür verantwortlich ist, weil er das Abwehrsystem der Tiere lahmlegt.
Umweltstress? Im Fall des Grasfrosches (der übrigens nicht grasgrün, sondern braun ist) bedeutet dies vor allem: das Vordringen der Zivilisation in sein natürliches Habitat (vulgo: Umweltzerstörung). Der urbane Moloch, zu dem Berlin in den vergangenen 150 Jahren angeschwollen ist, dürfte dem Grasfrosch ganz schön zugesetzt haben. So zumindest vermuteten die ForscherInnen am Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung, als sie die in den letzten hundert Jahren in Alkohol konservierten Exemplare im Naturkundemuseum auf Merkmale für Umweltstress untersuchten, wie etwa Grösse und Körpersymmetrie.
Zu ihrer Überraschung fanden sie genau das Gegenteil: Die Frösche fühlen sich in der Grossstadt offenbar quakfidel, insbesondere seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Nichts von wegen Lärm, Gestank und Dichtestress. Der Grasfrosch als smartes urbanes Amphibium hat sich offenbar einfach seine eigenen Nischen gesucht – Parkanlagen, Friedhöfe, Kleingärten – und sich dort bequem eingerichtet. Wussten wir doch, dass sich mehr als ein mittelalterliches Bonmot dahinter verbirgt: Stadtluft macht frei!
Weniger gut erging es all jenen Grasfröschen, die im ländlichen Umfeld Berlins blieben: Ihnen hat die intensivierte Landwirtschaft der letzten Jahrzehnte gesundheitlich massiv zugesetzt.