Klimahungerstreik: Eine Taskforce für die Lebensgrundlagen

Nr. 50 –

Ein Hungerstreik ist eine Gratwanderung: Wer ihn bald abbricht, erweckt den Eindruck, es mit dem Anliegen nicht ernst genug zu meinen. Aber wer lange weitermacht, gefährdet sich selbst. Daraus zieht diese Protestform ihre Kraft – und darum ist sie so umstritten. Auch bei Guillermo Fernandez, dem «Papa im Hungerstreik» für das Klima auf dem Bundesplatz, drängte nach 39 Tagen Hungern die Frage, wie es weitergehen könnte.

Es ist der grünen Nationalratspräsidentin Irène Kälin zu verdanken, dass Fernandez seinen Streik als Erfolg beenden kann. Sie hat eine seiner Hauptforderungen erfüllt: Im Mai werden sich Vertreter:innen der Schweizer Akademien der Wissenschaften mit den Bundesparlamentarier:innen treffen, um ihnen die wichtigsten Erkenntnisse des Weltklimarats (IPCC) zu vermitteln. Besonders erfreulich ist, dass Kälin auch für den Biodiversitätsbericht, der im Sommer erscheinen wird, ein Treffen organisieren will. Der Weltbiodiversitätsrat (IPBES) ist viel weniger bekannt als der IPCC, aber sein Anliegen nicht weniger dringend.

Ein direkter Austausch hat eine viel stärkere Wirkung als ein schriftliches Dokument. Eine Frage drängt sich allerdings auf: Warum müssen diese Treffen einmalige Anlässe bleiben? Was es eigentlich braucht, ist eine wissenschaftliche Taskforce wie zu Covid-19, die die Politik berät und in den Medien einen prominenten Platz bekommt. Klima- und Biodiversitätsspezialist:innen zu vereinen, wäre sinnvoll (siehe WOZ Nr. 43/2021 ): Zu oft werden die beiden Themen gegeneinander ausgespielt, besonders wenn es um neue Stauseen oder Windkraftwerke geht.

Eine gemeinsame Taskforce wäre ein Signal an die Öffentlichkeit, dass dieses Land die Bedrohung der Lebensgrundlagen ernst nimmt – und ein Zeichen an jene Politik- und Wirtschaftskreise, die diese immer noch verharmlosen. Wissenschaft ist nicht absolut, sie lebt von Kontroversen, Irrtümern und Gegenthesen. Aber manchmal sind die Erkenntnisse überdeutlich: Dass die Vielfalt des Lebens und die Stabilität des Klimas auf dem Spiel stehen, ist keine Meinung. Es ist wissenschaftlicher Konsens.