Zürich: Kämpfen bis zuletzt

Nr. 17 –

Illustration: eine Person welche die Faust in die Höhe hebt

René Schoenenberger ist ein freundlicher Zeitgenosse. Seit zwei Monaten aber kocht eine gehörige Wut in ihm. Der 76-Jährige wohnt seit 33 Jahren in einer von zwanzig Wohnungen an der Forchstrasse 114 bis 120 im Zürcher Hirslandenquartier.

«Fürsorge für blinde, taubstumme, krüppelhafte und gebrechliche sowie sonst bedürftige Personen»: Seit 1930 ist das der gemeinnützige Zweck der Huber-Graf- und Billeter-Graf-Stiftung, der Besitzerin der Häuser. An der Forchstrasse war das über Jahrzehnte erfüllt, die Mieten waren moderat. Nun aber soll diese Tradition bald vorbei sein: Am 2. Februar teilte der Hauseigentümerverband, dem die Stiftung 2016 die Verwaltung der Liegenschaften übergeben hatte, den Mieter:innen mit, dass die Haupt Immobilien AG mit dem Verkauf der vier Häuser beauftragt worden sei.

Schoenenberger ist seither vor allem mit der Organisation des Mieter:innenkampfs beschäftigt. Die Mieter:innen fragten die Stiftung, ob sie bereit wäre, die Häuser nicht dem Höchstbietenden zu verkaufen. Sie erhielten eine abschlägige Antwort. Seit Februar sind die Häuser auf der Website der Haupt Immobilien AG aufgeschaltet. Ausgeschriebener Mindestpreis: zwanzig Millionen Franken. Der Vermerk «Mehrfamilienhaus mit erheblichem Potenzial/Neubau» könnte auch auf einen Abbruch hindeuten. Damit verhält sich die Besitzerin der Häuser wie andere «gemeinnützige Stiftungen», die damit argumentieren, dass sie durch den Erlös eines solchen Verkaufs Brosamen an noch mehr Bedürftige verteilen könnten.

Mit dem Verkauf der vier Häuser steht das Schicksal von rund vierzig Menschen auf dem Spiel – von gebrechlichen Senior:innen, die teils schon über fünfzig Jahre hier wohnen, wie auch von jungen Familien. Bezahlbare Wohnungen im Quartier oder in der weiteren Umgebung zu finden, ist für sie praktisch unmöglich.

Doch die Mieter:innen geben nicht auf. In nur einer Woche haben über 500 Personen eine Petition unterschrieben, die verlangt, dass die Häuser einer gemeinnützigen Trägerschaft verkauft und ins Inventar der schützenswerten Bauten aufgenommen werden. Immerhin: Inzwischen hat die Liegenschaftsverwaltung der Stadt das Interesse am Erwerb der Häuser bestätigt. «Wir kämpfen bis zuletzt», sagt René Schoenenberger.