Rüstungspolitik: Ein Gesetz extra für Rheinmetall

Nr. 51 –

Es ist eine doppelte Tragödie, dass die rechtsbürgerliche Mehrheit im Nationalrat am Montag eine Lockerung des Kriegsmaterialgesetzes durchgesetzt hat. Neu darf der Bundesrat «zur Wahrung der aussen- oder sicherheitspolitischen Interessen der Schweiz» gewisse Waffenexporte bewilligen, die eigentlich gesetzeswidrig wären. Konkret geht es um die Ausfuhr von Rüstungsgütern in Länder mit internen Konflikten oder in solche, die Menschenrechte schwerwiegend und systematisch verletzen.

Der Nationalrat hebt damit eine erst vor zwei Jahren beschlossene Gesetzesverschärfung auf. Das Parlament hatte diese als Gegenvorschlag zur «Korrekturinitiative» beschlossen und damit ihren Rückzug erwirkt. Das ist die erste – demokratiepolitische – Tragödie. Die übrigens auch zeigt, wie willfährig die Mitte ist. Deren Stimmen waren vor zwei Jahren ausschlaggebend für ein verschärftes Kriegsmaterialgesetz, das sie nun mitbeerdigt haben.

Nicht minder gravierend ist die zweite Tragödie: Die Aufweichung des Waffenexportgesetzes war ein Lobbylehrstück. Angeführt von der FDP, die unverhohlen als Sprachrohr der Schweizer Rüstungsindustrie auftritt, ging es in der Debatte immer wieder um den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Und die Lobbyist:innen stilisierten die Vorlage gar zur Existenzfrage für die Schweiz hoch. Die aktuelle Gesetzeslage gefährde die Zukunft der Schweizer Rüstungsindustrie und damit auch jene der Schweizer Armee, die auf diese Industrie angewiesen sei.

In Tat und Wahrheit betrifft die nun beschlossene Lockerung den Krieg im Osten Europas gerade nicht. Das Neutralitätsrecht untersagt weiterhin jegliche direkte und indirekte Waffenlieferung an die Ukraine. Und weder ist unsere Rüstungsindustrie auch nur ansatzweise fähig, unsere Armee auszurüsten, noch profitiert die ganze – volkswirtschaftlich ohnehin kaum relevante – Branche (siehe WOZ Nr. 49/23). Am Ende ist es ein massgeschneidertes Gesetz für eine einzige Firma: Rheinmetall Air Defence. Die Nachfrage nach deren Geschützen und Raketen ist insbesondere im Nahen Osten mit kaufkräftigen Kunden wie Saudi-Arabien hoch.