Sachbuch: Kampffeld Recht

Nr. 38 –

Buchcover von «Law statt Order. Der Kampf um den Rechtsstaat»
Maximilian Pichl: «Law statt Order. Der Kampf um den Rechtsstaat». Suhrkamp Verlag. Berlin 2024. 260 Seiten. 29 Franken.

Maximilian Pichls Buch «Law statt Order» enthält eine so einfache wie wichtige Beobachtung: Wenn heutzutage Grundrechte geschleift werden sollen, wird dazu gern der «Rechtsstaat» beschworen. Dabei meint der Begriff ursprünglich genau das Gegenteil, nämlich dass Staatsmacht begrenzt werden muss, wenn Grundrechte geschützt werden sollen.

Dabei geht es Pichl keineswegs «um einen naiven Bezug auf das Recht». Der Jurist, der an der Hochschule Rhein-Main in Wiesbaden lehrt, weiss, dass das Recht sowohl in Text als auch Auslegung immer umkämpft ist. Pichl knüpft hier an die Tradition des linken Juristen Wolfgang Abendroth an, der Recht als Ausdruck gesellschaftlicher Kräfteverhältnisse verstanden wissen wollte. Das Recht sei ambivalent, weil es unterschiedliche soziale Interessen abbilde, es könne aber als Terrain für fortschrittliche Kämpfe genutzt werden. Oder wie Pichl es ausdrückt: «Ich möchte das liberale Verständnis des Rechtsstaates verteidigen, um zugleich seine Defizite zu benennen und über es hinauszugehen.»

Pichl arbeitet eine Reihe von Debatten ab. Er widerspricht etwa der These, wonach die Nazis in Deutschland mit legalen Mitteln an die Macht gekommen seien, und verweist auf die illegale Verfolgung linker Parteien. Im Umkehrschluss bedeutet dieses Argument auch: Die Verteidigung des Verfassungsrahmens kann sehr wohl dabei helfen, den Aufstieg der extremen Rechten zu stoppen.

Pichl schreibt über populistische Manöver, die den «Rechtsstaat» gegen Migrant:innen mobilisieren. Er kritisiert Grüne und Liberale, die als Türöffner eines Law-and-Order-Diskurses häufig fatal wirken. Und er beschäftigt sich mit den Strategien der neuen Rechten, die den Staat unterwandern, indem sie die exekutive Macht nicht bekämpfen, sondern diese gegen rechtsstaatliche Beschränkungen stärken.

Pichls gut lesbares Buch ist ein Plädoyer für die Verteidigung liberaler Prinzipien, was – so Pichl – auch ein Anliegen derer sein sollte, die den Liberalismus aus guten Gründen von links scharf kritisieren.