Postverordnung: Service public à la Rösti

Nr. 32 –

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Mit diversen Massnahmen will der Bundesrat die finanzielle Situation der Post bis zum Inkrafttreten des revidierten Postgesetzes stabilisieren. Am Mittwoch ist dazu die Vernehmlassung zu Ende gegangen.

Der Bundesrat schlägt erstens vor, die Grundversorgung um den Zugang zum digitalen Brief und den elektronischen Zahlungsverkehr zu erweitern. Zweitens sollen die Qualitätsvorgaben für die Laufzeiten von Briefen, Paketen und Tageszeitungen reduziert werden. (Die Post muss 97 Prozent der Briefe und 95 Prozent der Pakete rechtzeitig und 95 Prozent der Zeitungen in Gebieten ohne Frühzustellung bis 12.30 Uhr abliefern. Dies soll auf 90 Prozent gesenkt werden.) Drittens will der Bundesrat ganzjährig bewohnte Häuser ausserhalb des Siedlungsgebiets – rund 60 000 Haushalte – nicht mehr direkt beliefern lassen.

Davon abgesehen, dass der Bundesrat die postalische Grundversorgung wie schon in anderen Bereichen per Verordnung regeln will, zeigt sich gerade beim letzten Punkt, was für seltsame Vorstellungen Post-, Umwelt- und Medienminister Albert Rösti von Service public hat. Ein Verzicht auf die Zustellung an diese Haushalte widerspräche dem Grundsatz der Grundversorgung und ist ökologisch widersinnig: Werden diese Häuser nicht mehr direkt beliefert, führt das zu mehr privatem Verkehr – umso mehr, als diese Gebiete digital noch zu wenig gut erschlossen sind und die Zustellung von Paketen weiter zunimmt.

Demokratiepolitisch gefährlich wären auch reduzierte Qualitätsvorgaben: Werden Tageszeitungen erst nach 12.30 Uhr zugestellt, verlieren sie weiter an Attraktivität. Röstis Ignoranz gegenüber dem im März vom Parlament verabschiedeten Paket zur Stärkung regionaler Medien (inklusive Förderung der Frühzustellung und Aufstockung der indirekten Presseförderung) scheint auch Bürgerlichen aufzustossen: Neben Kantonen, Gemeindeverband und Gewerkschaftsbund lehnt auch der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse die Pläne des Bundesrats postwendend ab.