OECD-Mindeststeuer: Eine machtpolitische Niederlage für die Linke

Vier Mal ist die Rechte seit 2017 mit kompromisslosen Steuervorlagen an der Urne gescheitert. Nun kam sie beim fünften Anlauf durch.
Es ist ein klares Verdikt: 78 Prozent der Stimmbevölkerung sagen Ja zur vorliegenden Umsetzung der OECD-Steuer. Rein inhaltlich gesehen ein erstaunliches Resultat: Von den Zusatzeinnahmen, die die Kantone mit der Einführung einer Mindeststeuer von fünfzehn Prozent für Grossfirmen erhalten, wird fast die Hälfte an Basel-Stadt und Zug gehen – die das meiste davon über Subventionen an ihre Pharma- oder Rohstoffkonzerne zurückschleusen wollen.
Damit wird nicht nur die globale Mindeststeuer faktisch ausgehebelt. Viele Kantone gehen auch beinahe leer aus. Entsprechend wehrten sich im Parlament nicht nur SP und Grüne, sondern anfänglich auch GLP und Die Mitte gegen den Plan des damaligen SVP-Finanzministers Ueli Maurer. Als die OECD das letzte Mal der Schweiz Steuerprivilegien gestrichen hatte und eine rechte Mehrheit diese in der Unternehmenssteuerreform III mit neuen dicken Steuergeschenken an Konzerne kompensieren wollte, hatte die Stimmbevölkerung mit 59 Prozent Nein gesagt.
Erstaunlich geringes Interesse
Diesmal war jedoch die Grosswetterlage eine andere. Nach ihrer Niederlage im Parlament kam bei SP und Grünen wenig Kampfgeist auf (GLP und Die Mitte schlossen sich am Ende doch der SVP und FDP an). Die Linke befürchtete im Wahljahr einen Familienkrach: Denn einige linke Parlamentarier:innen aus den Gewinnerkantonen wie Basel-Stadt hatten sich von Anfang an hinter Maurers Plan gestellt. Hinzu kam die Befürchtung, dass das Engagement gegen die Vorlage vom Kampf für das Klimagesetz ablenken würde, dem man oberste Priorität einräumte. Einige Linke plädierten gar dafür, im Wahljahr die Vorlage zur OECD-Mindeststeuer als linken Sieg zu verkaufen. Der SP-Parteirat empfahl am Ende den Delegierten Stimmfreigabe.
Zwar beschlossen diese deutlich die Nein-Parole. Dann waren es jedoch die Grünen, die entgegen der Parteileitung überraschend für Stimmfreigabe votierten. Im Abstimmungskampf engagierten sich vor allem die NGO Alliance Sud sowie kantonale Parteien wie etwa die Grüne Alternative Zug gegen Maurers Plan. Trotz der SP-Nein-Kampagne schien die OECD-Mindeststeuer nur wenige nationale Politiker:innen der Partei zu interessieren. Jene der Grünen schwiegen abgesehen von ganz wenigen Ausnahmen komplett.
Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass die globale Mindeststeuer den Staaten doch wieder erlauben soll, das dringend nötige Geld einzutreiben, das heute im Kampf gegen die Klimakrise fehlt – und dass die Schweiz dies mit Maurers Plan nun weiterhin torpedieren will.
Gezielte Irreführung
Umso lauter war die Rechte, die zusammen mit FDP-Finanzministerin Karin Keller-Sutter behauptete, dass bei einem Nein andere Länder die Zusatzeinnahmen einstreichen würden. Eine Irreführung der Stimmbevölkerung, wie die WOZ anhand interner E-Mails aus dem Departement zeigte: Im Falle eines Nein hätte das Parlament genug Zeit gehabt, eine ausgewogenere Umsetzung der OECD-Steuer zu beschliessen. Für kurze Zeit flammte eine Debatte über diese Alternative auf. Am Ende hatten jedoch zu wenige Politiker:innen und Medien ein Interesse, diese ernsthaft weiterzuführen.
Für die SP und auch für die Grünen ist das überdeutliche Ja eine machtpolitische Niederlage. Seit 2017 war die Rechte vier Mal mit einer kompromisslosen Steuervorlage an der Urne gescheitert. Nun hat sie es nochmals versucht – und kam durch. Das wird ihr Mut geben.