Durch den Monat mit Gabi Petri (Teil 1): Sind Ihre Gegner fair?

Haben Sie gute Nerven?
Ich bin Belastungssituationen gewöhnt. Es hilft mir sehr, dass ich mich auf die juristisch-sachliche Ebene konzentriere und mich nicht von politischen Konjunkturen ablenken lasse.

Wie viele Verbandsbeschwerden haben Sie bisher gemacht?
Ich weiss es nicht. Beschwerden im Einkaufsbereich haben wir immer gewonnen. Teilweise gab uns bereits die erste Instanz Recht, teilweise mussten wir vor Bundesgericht gehen. Dort errangen wir richtungsweisende Erfolge. Unsere Gegner müssen davon ausgehen, dass wir in diesem Bereich fundiert argumentieren.

Wo mussten Sie Niederlagen einstecken?
Bei den Autobahnen, insbesondere der A20, der Westumfahrung Zürich. Wir argumentierten vergeblich, dass sie entgegen Regierungsrat Hofmanns Erzählungen keine Entlastung bringe. Das hat zwar flankierende Massnahmen gebracht, uns aber 100 000 Franken gekostet. Wir haben daraus die Konsequenzen gezogen und bei der A4 im Knonauer Amt auf eine Beschwerde verzichtet.

Apropos Hans Hofmann. Was halten Sie davon, dass der heutige SVP-Ständerat das Verbandsbeschwerderecht einschränken will?
Als Zürcher Baudirektor war er jeweils unser Gegenspieler, der vor Bundesgericht in verschiedenen Fällen unterlag. Wir gingen damals zum Beispiel bei der Zahl der Parkplätze mit den Anträgen seiner eigenen Fachstellen vor Gericht – und nicht mit irgendwelchen utopischen Forderungen. Der Regierungsrat als Rekursinstanz hatte diese Anträge jeweils abgelehnt – unter gütiger Führung des Baulobbyisten Hofmann.

Und was halten Sie von der Migros?
Bei der Migros gehört der partnerschaftliche Umgang offenbar nicht zur Unternehmenskultur. Es geht ihr gegen den Strich, dass sie Lösungen mit vom Gesetzgeber eingesetzten Mitspielern suchen muss, wie es die Umweltverbände sind.

Haben Sie von Coop schon ähnliche Klagen gehört?
Weder öffentlich noch auf dem Latrinenweg. Coop macht einen vernünftigen Eindruck. Sobald sie merken, dass sie rechtlich in Schwierigkeiten kommen könnten, suchen sie das Gespräch – weil sie wissen, dass sie so zu einem guten Projekt kommen.

Hat Coop die besseren Juristen als Migros?
Das weiss ich nicht: Vermutlich liegt es eher an der lösungs- und nicht einfach nur machtorientierten Grundhaltung.

Wie ist der Zürcher Stadtrat als Gegner?
Der Zürcher Stadtrat ist nicht unser Gegner, auch wenn wir manchmal Probleme haben mit einem vorlauten Behördenvertreter, der auch schon vom Missbrauch des Beschwerderechts gesprochen hat. Ich finde es unsachlich und politisch dumm, wenn ein Exekutivmitglied ohne Dossierkenntnis so schwerwiegende Vorwürfe in die Welt setzt.

Reden Sie von Stadtpräsident Elmar Ledergerber?
Wenn Sie das Wort «vorlaut» in diesem Sinn entschlüsseln wollen: bitte.

Ein Fall wie das Stadion Zürich sorgt für Schlagzeilen. Geraten Sie da unter Druck?
Emotional fühle ich mich nicht unter Druck. Auf der Strasse werde ich von vielen Leuten ermuntert, weiterzumachen. Unangenehm ist allenfalls die permanente Präsenz in den Medien. Manchmal brauche ich eine Auszeit, um neue Perspektiven auf das Ganze entwickeln zu können.

Ihr Gegenspieler Reinhard Giger von der Credit Suisse Group hat Ihnen nach dem Entscheid des Regierungsrates Sachkenntnis zugestanden.
Es freut mich, wenn jemand in einer so schwierigen Situation so fair sein kann.

Sind Sie bei Einspracheverhandlungen immer selber dabei?
Ja. Ich habe grundsätzlich Freude an Verhandlungen. Ich muss meine Position vertreten, aber auch Verständnis für die Gegenseite aufbringen. Wenn wir uns durchgerungen haben, wird die Sache mit einem Handschlag erledigt: Manchmal ist es sogar viel lustiger als im eigenen Verband.

Können Sie sich an schwierige Verhandlungspartner erinnern?
Bei Eurogate, der geplanten Überbauung über dem Zürcher Hauptbahnhof, gab es für die Gegenseite keinen Handlungsspielraum. Die UBS wollte uns hinhalten und schickte Leute, die keine Entscheidungsbefugnisse hatten. Zuletzt sollte der VCS als schwarzer Peter dastehen, falls sie nicht bauen wollte.

Woher kommt Ihr Flair für Verhandlungen?
Ich stamme aus einem Elternhaus, in dem viel diskutiert wurde. Wir mussten unsere Argumente vortragen, wenn wir etwas wollten. Auch wenn es nur um dreissig Franken für ein Pfadipfingstlager ging. Das war ein gutes Training.

Gabi Petri ist seit dreizehn Jahren 
Co-Geschäftsleiterin des VCS Zürich 
und sitzt für die Grünen im Zürcher 
Kantonsrat.