Durch den Monat mit Gabi Petri (Teil 4): Solidarität mit Grenzen

Letzte Woche entschied der VCS Schweiz, dass der VCS Zürich den Rekurs gegen das Credit-Suisse-Projekt Einkaufszentrum mit Stadion in Zürich nicht weiterziehen darf. Sie fanden einen Weg, um diesen Entscheid umzustossen – wenigstens vorläufig. Damit konnten Sie am Montag doch noch fristgerecht Ihren Rekurs vor das Verwaltungsgericht weiterziehen. Sind Sie beeindruckt ob all den Schmähungen, die Sie nun deswegen einstecken müssen?
Ich bin nicht überrascht. Aber ich bin davon überzeugt, dass wir juristisch richtig liegen. Wir haben schliesslich bislang in acht ähnlich gelagerten Fällen Recht bekommen. Die politischen und publizistischen Nebengeräusche sind unvermeidlich.

Der Vorstand des VCS Zürich stützt Ihr Vorgehen einstimmig. War es denn eine einfache Sache, ihn auf diese Linie festzulegen?
Überhaupt nicht. Die Vorstandsmitglieder denken sehr selbständig und hinterfragen unser Vorgehen immer sehr kritisch. Wir sind auf dieses Feedback angewiesen. Umso wichtiger ist es, dass ihr Entscheid einstimmig ausfiel.

Sie ziehen eine Linie durch, die 
von der Sache her wohl schwer anzufechten ist. Trotzdem hat der VCS Schweiz letzte Woche entschieden, dass er auf den Weiterzug der Beschwerde ans Verwaltungsgericht verzichten will.
Das ist ein unkluger Entscheid. Vor allem, wenn man sich damit gegen einen 
Entscheid der Delegiertenversammlung stellt. Dort wurde beschlossen, dass 
in diesen Fällen nur rechtlich-sachliche Kriterien berücksichtigt werden dürfen. Und das ist bei unserem Vorgehen der Fall.

Hat der VCS nun ein Führungsproblem?
Es ist für die Verbandsspitze nicht sehr ratsam, sich mit der Basis anzulegen. Das geht auf Dauer nicht gut.

Gefährden Sie mit Ihrem konsequenten Vorgehen nicht das Verbandsbeschwerderecht?
Ich denke nicht. Für diejenigen politischen Kräfte, die entschlossen sind, das Verbandsbeschwerderecht abzuschaffen, ist jeder Fall ein Vorwand, ob nun der Fall von Rennfahrer Michael Schumacher in Appenzell oder das Projekt der Credit Suisse. Wenn man aus diesen Überlegungen das Verbandsbeschwerderecht nur noch selektiv einsetzen will, dann schafft man es selber ab. Wir sind dafür nicht zu haben und andere Sektionen auch nicht.

Nun machen Sie sich mit Ihrem Vorgehen überhaupt nicht beliebt. Ihre Gegner reagieren gereizt, allen voran Zürichs Stadtpräsident Elmar Ledergerber, der ihr Vorgehen als Terror bezeichnet.
Es ist schon erstaunlich, dass ein Stadtpräsident so die Contenance verlieren kann. Es wäre doch eigentlich seine Aufgabe, zwischen den Parteien zu vermitteln.

Ledergerber hat angekündigt, dass er aus dem VCS austreten wird.
Offensichtlich hat er schon wieder vergessen, dass er schon vor drei Jahren anlässlich von Eurogate aus dem VCS ausgetreten ist.

Gab es keinen Augenblick, in dem Sie sich auch politische Überlegungen machten? Das geplante Stadion hat eine sehr hohe symbolische Bedeutung, und diese Bedeutung wissen Ihre GegnerInnen zu nutzen.
Der Fall ist wirklich undankbar für uns. Denn das Stadion und die EM sind für die Credit Suisse ein günstiges Trittbrett, ein Einkaufszentrum zu bauen, das punkto Erschliessung den motorisierten Privatverkehr für die nächsten dreissig Jahre privilegiert.

Andere Umweltverbände machten Druck auf den VCS Schweiz, er solle die Zürcher Sektion zurückpfeifen. Was halten Sie von dieser Art von Solidarität innerhalb der Umweltverbände?
Wenn Pro Natura und der WWF wohl überlegt Einsprachen machen gegen 
einzelne Skilifte, dann sollten sie doch auch Verständnis dafür haben, dass wir in unserem Bereich ähnlich überlegt 
vorgehen. Sie sollten uns dabei unterstützen und nicht unser Vorgehen unterlaufen.

Es könnte der Fall eintreten, dass die CS das Projekt fallen lässt, weil die erhoffte Rendite nicht zu erwirtschaften ist. Dann könnte sie trotzdem den VCS als Sündenbock hinstellen. Das erinnert an Eurogate.
Inzwischen ist bekannt, dass auch die Credit Suisse gegen den Entscheid des Regierungsrates rekurriert – und mehr Zugeständnisse verlangt. Das könnte ein Hinweis dafür sein, dass es der CS nicht 
so sehr um die Fussball-EM geht, sondern um ihr Einkaufszentrum. Denn der Standort ist gut – und wenn am Schluss alle Einsprachen gegen das Projekt zurückgezogen werden, ist es denkbar, dass 
die CS als einzige Rekurrentin sogar ihre maximalen Ansprüche durchsetzen kann.

Gabi Petri ist seit dreizehn Jahren Co-Geschäftsleiterin des VCS Zürich und sitzt für die Grünen im Zürcher Kantonsrat.