Durch den Monat mit Gabi Petri (Teil 2): Weiterbildung für Herrn Ospel?
WOZ: Laufend werden Gerichtsentscheide bekannt, die dem VCS Recht geben Wie kommentieren Sie die jüngsten Fälle?
Das zeigt, dass wir unsere Rekurse gut vorbereiten und die Rechtslage gut kennen. Wer die Regeln kennt, beherrscht das Spiel.
Die Wirtschaft behauptet, dass Sie verhindern und verzögern. Wie lange haben denn die nun abgeschlossenen Verfahren gedauert?
Ich weiss es nicht. Wir haben jeweils nur dreissig Tage Zeit, um unsere Rekurse zu verfassen. Für die übrige Zeit sind die Behörden und die Gerichte verantwortlich. Wenn man das beschleunigen will, muss man ihnen mehr Personal zugestehen.
Einen besonders krassen Eindruck macht der Fall eines Möbelhauses in Schwamendingen. Es hat seine Verkaufsfläche massiv ausgeweitet, ohne dass die damals zuständigen Stadträte Ledergerber, Estermann und Martelli – eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) angeordnet hätten.
Das ist ein grober Fehler der Stadt und zeigt, dass unsere Bedenken und Interventionen begründet und berechtigt sind. Dieser Fall wirft auch ein schlechtes Licht auf andere Entscheide. Zum Beispiel beim Stadion Zürich.
Die «NZZ am Sonntag» schiesst weiter auf den VCS. Neuster Vorwurf: Ihr Verband soll von den Promotoren von Eurogate zwei Millionen Franken für den öffentlichen Verkehr gefordert haben.
Es ist völlig normal, dass Erschliessungsleistungen des Staates, zum Beispiel die Kanalisation oder Anpassungen im Strassenbereich, von der Bauherrschaft übernommen werden. Das Bundesgericht hat entschieden, dass auch die Erschliessung durch den öffentlichen Verkehr zu diesen Voraussetzungen gehört. Nun hätte das Projekt Eurogate den öffentlichen Verkehr aber behindert. Darauf hat ein vorausschauender VCS hingewiesen, weil er nicht wollte, dass die daraus resultierenden Kosten am Steuerzahler hängen bleiben.
Wer hat den Vertragsentwurf aufgesetzt, den die «NZZ am Sonntag» gegen Sie ins Feld führt?
Das war der Jurist der UBS.
Im selben Artikel wird UBS-Chef Marcel Ospel zitiert mit der Äusserung, das Vorgehen des VCS sei Erpressung.
Muss ich jede journalistische Dummheit kommentieren? Und bin ich jetzt auch noch zuständig für die Weiterbildung von Herrn Ospel?
Halten Sie Konventionalstrafen zwischen dem VCS und Bauherren für sinnvoll? Oder gar für notwendig?
Eine Konventionalstrafe soll verhindern, dass ein Vertrag verletzt wird. Sie erfüllt ihren Zweck, wenn sie nicht bezahlt wird. Und wenn eine Partei einen Vertrag nicht einhält, soll die Konventionalstrafe sie unter finanziellen Druck setzen, den vertragsgemässen Zustand möglichst schnell wieder herzustellen.
Wie sind Ihre Erfahrungen mit Konventionalstrafen?
Wir haben sie in jedem Vertrag drin und wir haben sie noch nie einfordern müssen. Wir gestalten sie stets so aus, dass Bagatellfälle nicht davon betroffen sind.
VCS-intern diskutiert man jetzt, ob man auf das Mittel der Konventionalstrafe verzichten soll.
Das wird von Leuten propagiert, die keine Ahnung von der Rechtswelt haben. Vereinbarungen ohne Konventionalstrafen sind nicht einmal das Papier wert, auf dem sie stehen. Wir sind nicht bereit, auf rechtliche Sicherungen zu verzichten, um dann wie zum Beispiel beim Centre Boujean in Biel die Nichteinhaltung der Auflagen zu bejammern.
Der VCS-Zentrale schwebt eine gewisse Unité de doctrine bei der Anwendung der Verbandsbeschwerde vor. Darüber soll an einer ausserordentlichen Delegiertenversammlung am nächsten Samstag diskutiert werden. Es heisst, der VCS müsse sich besser um seinen Auftritt in der Öffentlichkeit kümmern.
Wir sind ein föderalistisch aufgebauter Verband. In den Kantonen leisten die Sektionen gute Arbeit. Sie kennen die örtlichen gesetzlichen Grundlagen und Verhältnisse. Wenn man versucht, von der Zentrale aus alles unter einen Hut zu bringen, wird es grossen Widerstand geben. Man lässt sich nämlich in den Kantonen nicht gerne vorschreiben, wie viel Verkehr man vor Ort zu ertragen hat. Die Zentrale des VCS in Bundesbern wünscht sich vielleicht einen anderen Auftritt. Wir verstehen uns in den Kantonen in erster Linie als Umweltverband – und nicht als Pannenhilfe.
Aber Pannenhilfe ist auch wichtig.
Sicher. Befragungen haben aber gezeigt, dass die Mitglieder des VCS ihren Verband wählen, weil ihnen das umweltpolitische Engagement entspricht. Dienstleistungen bekommt man auch beim TCS.
Gabi Petri ist seit dreizehn Jahren Co-Geschäftsleiterin des VCS Zürich und sitzt für die Grünen im Zürcher Kantonsrat.